Der Krieg in der Ukraine tritt in eine neue Phase. Jene Staaten, die die Ukraine unterstützen, überlegen, welche Waffen sie dem Land liefern sollen. 

Oberst Berthold Sandtner arbeitet am Institut für höhere militärische Führung an der Landesverteidigungsakademie in Wien. Er erklärt, was dabei zu bedenken ist.

Das sagt der Bundesheer Experte:

Warum liefern unterstützende Staaten der Ukraine nicht mehr Waffen aus westlicher Produktion? Welche Probleme ergeben sich dabei?

Die Ukraine ist grundsätzlich mit Geräten aus der ehemaligen Sowjetunion ausgerüstet. Das ist deshalb der Fall, weil nach dem Zerfall der Sowjetunion ein Gutteil der in den Teilrepubliken stationierten/gelagerten Waffensysteme an die Nachfolgestaaten, wie beispielsweise die Ukraine, übergingen.

Dies betrifft allerdings nicht die Atomwaffen, die aufgrund der Vereinbarungen im Zuge des Budapester Memorandums alle nach Russland gebracht wurden. Das bedeutet nun aber auch, dass die ukrainischen Streitkräfte mit dem Einsatz von sowjetischen/russischen Geräten vertraut sind, die Soldaten auf diesen Geräten ausgebildet sind, und die entsprechende Logistik darauf abgestimmt ist, wie zum Beispiel zur Materialerhaltung oder Munitionsbevorratung.

Dennoch ist zunehmend ein Umschwenken auf westliche Rüstungsgüter zu beobachten. Außerdem muss man anmerken, dass die Bestände an russischen Systemen, die geliefert werden können, langsam knapp werden bzw. für manche Staaten doch auch noch das Rückgrat ihrer Verteidigungsfähigkeiten bilden. Deswegen geben sie diese nur weiter, wenn sie entsprechenden westlichen Ersatz bekommen. Beispiele dazu sind, dass die Slowakei ihre S300-Luftabwehrsysteme an die Ukraine übergeben hat und dafür jetzt „Patriot“-Batterien als Ersatz disloziert wurden. Der mögliche sogenannte „Ringtausch“ von Panzern zwischen Deutschland und Slowenien ist ein ähnliches Beispiel.

Welche Vorteile und auch Nachteile haben Waffen russischer bzw. sowjetischer Herkunft für die Ukraine und in welchen Nationen sind diese noch vorhanden?

Weil die ukrainischen Streitkräfte mit russischen Waffensystemen vertraut sind, liegt der Vorteil solcher Lieferungen auf der Hand: Sie sind rasch in die Streitkräfte integrierbar, die Munitionssorten passen (beispielsweise ist das Standardkaliber von NATO-Artillerie 155 mm, das von russischer aber 152 mm). Und die Soldaten sind gewohnt, damit umzugehen und brauchen nicht extra darauf ausgebildet zu werden.

Bestände an ehemaligen sowjetischen/russischen Waffensystemen gibt es insbesondere nach wie vor in vielen mittel- und osteuropäischen Staaten. So wird das Rückgrat der ukrainischen Panzertruppe, der Kampfpanzer T-72, beispielsweise auch in den EU-Staaten Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Bulgarien und Ungarn verwendet. 

Ähnliches gilt für das Kampfflugzeug MiG-29, wo es bisher aber scheinbar zu keinen Lieferungen an die Ukraine gekommen ist.

Der Nachteil der Verwendung des russischen Geräts durch die Ukraine liegt aber ebenfalls auf der Hand: Der Gegner kennt die genauen Einsatzparameter des Geräts und damit dessen Stärken und auch Schwächen.

Wie ist es möglich, große Waffensysteme wie Panzer oder Artilleriegeschütze unerkannt ins Kriegsgebiet zu transportieren?

Diese Systeme unerkannt in die Ukraine und insbesondere in den Operationsraum im Osten des Landes zu bringen, ist nahezu unmöglich, weil diese Transporte mit modernen Satellitenaufklärungsmitteln oder durch verdeckt operierende Spezialeinsatzkräfte relativ leicht erkannt werden können.

Außerdem ist der Transport von Großgerät über weite Entfernungen vornehmlich an den Eisenbahntransport gebunden. Die russische Einsatzführung hat sich mit dem gezielten Beschuss durch Präzisionswaffen und ballistische Raketen in den letzten Tagen genau gegen jene Eisenbahninfrastruktur auf ukrainischer Seite als Prioritätsziele gerichtet.


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