Oberst Jürgen Schlechter ist Leiter des ABC-Abwehrzentrums des Bundesheeres, das sich mit atomaren, biologischen und chemischen Gefahren beschäftigt. Hier beantwortet er aktuelle Fragen zum Krieg in der Ukraine.

Das sagt der Bundesheer Experte:

Auf welche Art und Weise und in welchem Umfang wirken Chemiewaffen und wie werden sie eingesetzt?

Chemische Kampfstoffe sind industriell produzierte giftige Substanzen, die Lebewesen über die Atemwege vergiften, oder als Kontaktgifte über die Haut in den Körper eindringen. Die Vergiftungswirkung ist von der Art und Menge des aufgenommenen Kampfstoffes abhängig, tritt aber zumeist sofort ein. Üblicherweise werden sie aus Luftfahrzeugen abgesprüht, in Behältnissen abgeworfen oder mit artilleristischen Mitteln in den Zielraum geschossen und dort „in die Fläche“ gebracht, wo sie verdampfen und so zu Vergiftungen führen.

Militärisch unterscheidet man den flüchtigen Einsatz (der Kampfstoff ist nur kurzzeitig wirksam und zieht als Kampfstoffwolke mit dem Wind ab) und den sesshaften Einsatz (der Kampfstoff verweilt über längere Zeit im Einsatzgebiet und erfordert Dekontaminationsmaßnahmen). Sesshafte chemische Kampfstoffe können als Geländekampfstoffe eine Nutzung von Räumen für die Dauer ihrer Wirksamkeit verhindern oder erschweren. Besonders berücksichtigt werden muss die psychologische, demoralisierende Wirkung – vor allem auf die ungeschützte Zivilbevölkerung.

Wie sehen daher effektive Gegen- bzw. Schutzmaßnahmen aus?

Gegenmaßnahmen beinhalten Maßnahmen zum Erkennen eines Einsatzes (Detektion), das Treffen von ABC-Schutzmaßnahmen und Maßnahmen, die nach dem Einsatz erfolgen (u. a. Feststellen von Art, Ort und Grenzen durch ABC-Aufklärung, medizinische Gegenmaßnahmen bei allfälligen Vergiftungen und Dekontaminationsmaßnahmen, Erstellen von Ausbreitungsvorhersagen zum rechtzeitigen Warnen und Alarmieren Betroffener).

Schutz ist nur durch Filterung der Atemluft und einen wirksamen Körperschutz möglich. Dies geschieht durch eine ABC-Schutzmaske mit geeignetem Filter und einer ABC-Schutzbekleidung. Darüber hinaus gibt es auch Kollektivschutzeinrichtungen. Das sind Räume (Fahrzeuge, Gebäude usw.) mit Filterinstallationen und Oberflächen, die das Eindringen von Kampfstoffen verhindern. In diesen muss keine ABC-Schutzausrüstung getragen werden. Sesshafte (länger verweilende) chemische Kampfstoffe erfordern eine zeitnahe Dekontamination (Neutralisierung), um ein weiteres Eindringen und eine Kontaminationsverschleppung hintanzustellen.

Kann der Einsatz von chemischen Waffen eine Auswirkung in/auf Österreich haben?

Eine Kampfstoffwolke kann zwar mehrere Kilometer in Windrichtung zu Vergiftungen führen, bleibt aber regional begrenzt. Ein chemischer Waffeneinsatz am Kriegsschauplatz Ukraine hätte keine direkten Auswirkungen auf Österreich.


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