Beim Krieg in der Ukraine kommen verschiedene Waffensysteme und Soldaten verschiedener Waffengattungen, also mit unterschiedlicher Spezialisierung, zum Einsatz. Major Ralf Einwallner ist Hauptlehroffizier für Kampfpanzer am Institut „Panzer und Panzergrenadiere“ an der Heerestruppenschule. Er erklärt einige der Fachbegriffe.

Das sagt der Bundesheer Experte:

Wofür werden auf dem Gefechtsfeld des Jahres 2022 noch Kampfpanzer gebraucht?

Kampfpanzer vereinen Feuerkraft, Beweglichkeit und Schutz der Besatzung. Immer wenn man schnelle, wuchtige Vorstöße mit raschen Gebietsgewinnen unternehmen will, kommt man nicht herum, Kampfpanzer an die Spitze zu stellen. Gleichzeitig sind sie aber auch wichtig, um solche Vorstöße oder Angriffe abzufangen und Gebiete zu halten. Beides sieht man aktuell im Ukrainekrieg: Panzer bekämpft man am besten mit Panzern.

Durch ihre Kettenlaufwerke sind Panzer in der Lage, in nahezu jedem Gelände und bei jeder Witterung zurechtzukommen. Anders ausgedrückt: Wo Räder versagen, kommt die Kette noch voran.

Durch moderne Optiken und stabilisierte Kanonen ist das Erkennen und Bekämpfen von Gegnern auf mehrere Kilometer Entfernung, zu jeder Tageszeit und bei beinahe jedem Wetter möglich – auch aus voller Fahrt. Die Hauptaufgabe ist die Bekämpfung gegnerischer Panzer, gepanzerter Fahrzeuge und zur Unterstützung der Infanterie auch von Stellungen und Bunkern.

Wofür werden auf dem Gefechtsfeld von heute Panzergrenadiere gebraucht?

Im Gegensatz zu anderen Infanteristen verwenden Panzergrenadiere Schützenpanzer als Gefechtsfahrzeuge. Mit diesen sind sie anderen Fahrzeugen in punkto Feuerkraft, Geländegängigkeit und Schutz überlegen. Mit Kampfpanzern können sich die Schützenpanzer aber nicht messen.

Ein Schützenpanzer kann neben seiner Besatzung in der Regel noch eine Gruppe von Grenadieren befördern. Wenn es notwendig ist, sitzen diese ab und führen den Kampf zu Fuß weiter. Das macht diese Waffengattung defensiv und offensiv sehr flexibel einsetzbar.

In der Regel verfügen Schützenpanzer über ein Kettenlaufwerk, das sie befähigt, den Kampfpanzern in jedes Gelände zu folgen. Das ist dann wichtig, wenn das Gelände den Einsatz von Kampfpanzern irgendwann nicht mehr begünstigt oder erschwert – zum Beispiel wenn man auf Ortschaften trifft. Dann ist ein schneller Einsatz der Panzergrenadiere wesentlich.

In der Ukraine ist zu beobachten, dass russische Kampfpanzer vermehrt durch Panzerabwehrwaffen abgeschossen werden, unter anderem aus nahen Entfernungen. Dies ist ein Resultat von fehlendem Schutz durch Grenadiere: Denn wenn Soldaten das Gelände um die Kampfpanzer in Besitz genommen haben, ist es für den Gegner schwer, seine Panzerabwehrwaffen einzusetzen.

Panzer und Panzergrenadiere bilden gemeinsam die Träger des modernen Gefechts, da nur sie Gelände in Besitz nehmen und halten können.

Wofür wird auf dem Gefechtsfeld die Artillerie gebraucht?

Die Artillerie bekämpft Ziele indirekt durch Steilfeuer, das Ziel wird also nicht direkt anvisiert und die Granaten fliegen viele Kilometer weit. Durch die technologischen Entwicklungen in Bezug auf Waffenplattformen, Munition, Sensoren und Führungssysteme konnte in den Konflikten der jüngsten Vergangenheit sowie auch aktuell eine „Renaissance“ der Rohr- und Raketenartillerie beobachtet werden.

Moderne Artillerie kann in vielen Szenarien eingesetzt werden. Aus vielen Kilometern Entfernung punktgenau Ziele zu treffen gehört dabei ebenso zu den Fähigkeiten wie das Feuer auf großflächige Zielgebiete zu lenken. Zusammenrottungen von gegnerischen Kräften können so schnell bekämpft werden, ohne dass die eigene Kampftruppe einer direkten Konfrontation ausgesetzt ist.

Einerseits mindert die Artillerie durch Steilfeuer die Wirkung des Gegners auf die eigenen Soldaten entlang der Kontaktlinie. Andererseits wird die Kampfkraft des Gegenübers auch in der Tiefe des Gefechtsfeldes geschwächt – beispielsweise mit Feuerschlägen gegen Führungseinrichtungen, feindliche Artillerie, Fliegerabwehr- oder Versorgungseinrichtungen. Dadurch können die Erfolgsaussichten wesentlich erhöht werden.

Im Gegensatz zu Luftstreitkräften kann die Artillerie unabhängig von Tageszeit und Wetter aufklären und wirken. Zusammengefasst: Klar im Vorteil ist, wer die schnellere, weitreichendere, wirkungsvollere und präzisere Steilfeuerunterstützung sicherstellen kann.

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