Wer mit dem Gedanken spielt, eine Flinte für die Heimverteidigung zu nutzen, sollte ganzheitlich denken und etwas mehr bereit halten, als nur die Shotgun neben dem Bett. Dieser Beitrag von Arne Mühlenkamp stellt einen möglichen Lösungsansatz vor.

Jede Verteidigungssituation wird sich grundsätzlich anders darstellen, als gedanklich vorab durchgespielt. Das trifft auf jede Verteidigungssituation zu; nicht nur auf die, in den eigenen vier Wänden. Im Denken und Handeln generalistisch und praxisbezogen zu bleiben, ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Realitätsnähe wird jedoch nicht selten durch omnipräsente Actionfilme oder inkompetente „Tactical“-Ausbildung getrübt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass man in der Stunde der nächtlichen Bewährung nichts weiter am Leib trägt, als seine Unterhose, ein T-Shirt und vielleicht Pantoffeln.

Waffe
Der US-amerikanische Schießausbilder Andy Stanford beschrieb die optimale Waffe zur Selbstverteidigung anhand von drei Merkmalen:
(1) Sie muss vorhanden sein
(2) Sie muss zuverlässig sein
(3) Sie muss für ihren Zweck einigermaßen geeignet sein, mit Betonung auf einigermaßen.

Perfekt ausgerüstet für zwei Kurstage Flinte Homedefense: Gebrauchte Mossberg für wenige hundert Euro, Mehrzweckbauchtasche für einige Schrotpatronen und Hände in den Taschen.

Jeder Anwender, der versucht, seine Waffe durch den Anbau von Zubehörteilen auf einen bestimmten Verteidigungsfall hin zu optimieren, hat das Wesen einer Verteidigungssituation nicht verstanden.
Für den hier unterstellten Fall der Heimverteidigung bedeutet das, jede vorhandene Flinte ist besser als eine nicht vorhandene Flinte.
Ob man das wahrhaben will oder nicht; das Kriterium „Zuverlässigkeit“ erfährt immer eine Einschränkung, je mehr Funktionen, Bedienelemente oder zusätzliche Anbauteile eine Maschine hat. Selbstladeflinten können aufgrund von Munitionsunverträglichkeit ihren Dienst eher versagen, als Repetier- oder Doppelflinten. Einfachheit im Bedienkonzept erhöht hingegen die Zuverlässigkeit. Was im Allgemeinen für die Verwendung von Repetier- oder Doppelflinten spricht.
Das dritte Kriterium der Zweckeignung ist erfüllt, wenn sich aus der Flinte ein Schuss löst, wenn der Anwender das will, bzw. wenn sich kein Schuss löst, solange der Anwender das nicht will. Achtzig Prozent aller Verteidigungslagen mit Flinten sind nach zwei Schuss beendet. Ein paar Schuss mehr an Bord zu haben, kann aber nicht schaden. Was wiederum eine Repetierflinte mit Röhrenmagazin in den Fokus der Beschaffung rücken lässt.

Mossberg & Remington
Beim Kauf einer Repetierflinte sollte man sich auf die beiden Modelle Remington 870 und Mossberg 590 konzentrieren. Am Gebrauchtwaffenmarkt sind diese Modelle schon für wenige hundert Euro erhältlich. Die Flinten beider Hersteller sind robust genug, so dass sie ruhigen Gewissens auch gebraucht erworben werden können.
Mossberg-Flinten bieten im Hinblick auf die Bedienung einige kleine Vorteile gegenüber der Remington. Das betrifft die Positionierung der Sicherung und den Zugang zum Röhrenmagazin. Des Weiteren besitzen manche Mossberg den sog. Shell-Storage Stock; einen Kunststoffschaft, der auf jeder Seite zwei Reservepatronen aufnehmen kann.

Grobes Postenschrot der Größe 00 oder 000 ist bei der Heimverteidigung das Gebot der Stunde.

Munition
Grobes Postenschrot ist das Gebot der Stunde, wenn es zum verteidigungsorientierten Einsatz einer Flinte kommt. Zwei Faktoren sind für den Anwender wesentlich: Es entsteht Rückstoß und Schrot streut. Die Streuung der eigenen Laborierung zu kennen, ist Grundwissen für jeden Flintenschützen. Die Wirkungszonenmethode ist ein zuverlässiges Instrument, um die Streuung und damit die effektive Einsatzdistanz der jeweiligen Kombination aus Laborierung und Flinte zu ermitteln.
Die Methode unterteilt die Streuung / die Garbe der Postenladung in drei Bereiche:
Zone A (Faustgröße)
Zone B (A4-Blatt-Größe)
sowie Zone C (größer als A4-Blatt)
Das Ziel der Wirkungszonenmethode ist, Kenntnis darüber zu erlangen, bei welcher Distanz Zone B endet; also die Garbe einer Ladung Buck-Shot nicht mehr zuverlässig auf der Größe A4 platziert werden könnte. Jenseits dieser Entfernung ist von einer Umfeldgefährdung durch einzelne Posten auszugehen.

Die GECO Buck Shot ist ebenfalls rückstoßreduziert. Verschossen aus einer Mossberg 590A1 bleiben auf zehn Meter Entfernung alle Posten innerhalb des DIN A4 Blattes (Zone B).

Rückstoß
Der Rückstoß bei Flintenmunition im Kaliber 12 kann erheblich sein. Aber: Viel hilft nicht immer viel. Fast alle Hersteller bieten rückstoßreduzierte Ladungen an. Gleichwohl haben rückstoßreduzierte Ladungen bei den zu erwartenden Entfernungen (Raumdistanz bis zu vielleicht 18 Meter) keine Nachteile in der Wirksamkeit. Aus der Erfahrung mehrerer Kursmodule „Flinte“ und „Flinte Homedefense“, sind zwei reduced-recoil Fabrikate empfehlenswert: Die Hornady TAP und die GECO Coated Competition Buck Shot.
In jedem Fall sollte die auserkorene Munitionssorte an mindestens einem kompletten Ausbildungstag benutzt werden und mehr als nur einmal der Wirkungszonenmethode unterzogen werden.
Die Verwendung einer 12/76er-Laborierung ist grundsätzlich nicht ratsam. Der immense und schmerzhafte Rückstoß erzeugt eher eine latente Schussangst, als das die Patrone nennenswerte Wirksamkeitsvorteile brächte.

EDC Compact Shoulder Bag: Eine Umhängetasche mit Munition und einer Kompakttaschenlampe parat zu haben, kann zweckdienlich sein.

Munitionsträger
Wie viel Reservemunition ist erforderlich? Die Frage ist aufgrund der Vielfältigkeit von Verteidigungssituationen kaum zu beantworten. Am Ende ist es immer mindestens ein Schuss mehr als man vorher dachte. Einen autarken Munitionsträger parat zu haben, ist eine gute Idee. Eine Mehrzwecktasche zum Umhängen reicht dafür völlig aus. Postenschrot und Flintenlaufgeschosse müssen im Munitionsträger getrennt voneinander verwahrt werden können da u.U. ein Munitionswechsel von Posten auf Slug erforderlich wird. Zivile Mehrzwecktaschen gibt es schon für kleines Geld.
Bei einer Kursteilnahme am Flinte Homedefense hat sich der EDC Compact Shoulder Bag von Helikon-Tex bewährt. Das Hauptfach ist ausreichend groß, um bis zu 30 Buck-Shot Kartuschen aufzunehmen. Das kleinere Frontfach fasst mindestens zehn Flintenlaufgeschosse.
Prinzipiell spricht nichts gegen die Verwendung sog. Side Saddle. Diese Munitionsträger werden am Gehäuse der Flinte montiert und fassen fünf bis sechs Schrotpatronen. Dadurch erhöht sich das Gewicht der Waffe und die Balance ändert sich. Ob hierbei Nutzen oder Nachteile überwiegen, sollte jede Anwender für sich selbst während eines Ausbildungstages herausfinden.

Munitionsträger Side Saddle: Ob hierbei Nutzen oder Nachteile überwiegen, muss der Anwender für sich selbst herausfinden.

Gehörschutz
Ein Aktivgehörschutz sollte ebenfalls griffbereiter Bestandteil des Home Defense Paketes sein. Er schützt das eigene Gehör und ermöglicht gleichzeitig Umgebungsgeräusche wahrzunehmen. Eine weitere Erklärung ist überflüssig.

Licht
Natürlich darf auch eine Kompakttaschenlampe mit hoher Leuchtkraft zum Paket gehören. Der Markt gibt einige Modelle mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis und teilweise über eintausend Lumen Lichtausbeute her. Beim Kauf sollte man auf Einfachheit im Bedienkonzept achten und sich auf die Anbieter Fenix und Nextorch konzentrieren.

Einfachheit und Minimalismus: Eine Büchsenvisierung aus Kimme und Korn ist für den verteidigungsorientierten Einsatz einer Flinte ausreichend.

Disclaimer
Landesspezifische Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen beachten!

Service
Nächster Flintenkurs bei Akademie 0/500 am 9. Oktober 2022 in Bad Soden (Taunus) inkl. Erklärung und Durchführung der Wirkungszonenmethode. Nächster Flinte Homedefense am 23./24. September (nur in Tschechien)

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