Eigentlich eh OK, das G36, sagt die Bundeswehr. Hier die letzten Informationen zur aktuellen Entwicklungen bei der Nachfolgeentscheidung zum G 36 (Projekt „System Sturmgewehr Bundeswehr“). Was wird aus Haenel? Hat HK noch eine Chance? Und wie läuft das alles? Sie fasst das Ministerium den Prozess zusammen:

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind derzeit mit dem Sturmgewehr G 36 vollständig mit einer leistungsfähigen Standardwaffe ausgestattet. Beginnend ab 2023 soll das in technischen Präzisionskriterien noch leistungsfähigere „System Sturmgewehr Bundeswehr“ (SystStGBw) das G 36 schrittweise ersetzen.

Dazu wurde am 21. April 2017 das Vergabeverfahren für das SysStGBw durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mit der europaweiten Bekanntmachung auf der EU-Vergabeplattform „Tenders European Daily (TED)“ begonnen. Das gewählte Verhandlungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Satz 1 der „Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit“ bietet in der Verhandlungsphase viel Flexibilität. Einzuhalten sind die wesentlichen vergaberechtlichen Grundsätze von Wettbewerb, Transparenz und vor allem die Gleichbehandlung der Bieter.

Geschichte eine Ausschreibung

Acht Unternehmen reichten im Mai 2017 Teilnahmeanträge ein, von denen sieben berücksichtigt werden konnten. Diese sieben Unternehmen wurden im September 2017 zur Abgabe eines unverbindlichen ersten Angebots (indikatives Angebot) aufgefordert. Darin enthalten waren neben der Leistungsbeschreibung auch detaillierte Informationen zur vorgesehenen Vergleichserprobung der angebotenen Waffen bei der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) für Waffen und Munition in Meppen sowie deren Prüfkriterien. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen.

Früh ausgeschieden als Kandidat für die Nachfolge: das RS556 als Projekt von Rheinmetall mit Steyr.

In der Folge beantwortete das BAAINBw insgesamt 150 Bieterfragen. Dabei wurden alle Beteiligten in anonymisierter Form über alle Fragen und Antworten unterrichtet.

Im Februar 2018 reichten schließlich zwei Unternehmen indikative Angebote mit insgesamt drei Waffen ein.

Im April 2018 begann die WTD mit der Vergleichserprobung der drei angebotenen Gewehre, die in mehreren Phasen bis September 2018 andauerte. In einer Vielzahl von Tests und Verfahren wurden dabei neben der Grundpräzision auch die Beeinflussung der Waffe durch schussinduzierte Erwärmung und durch Veränderung der Klimabedingungen geprüft. Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, das Ernst-Mach-Institut und das Erprobungszentrum Unterlüß der Firma Rheinmetall Waffe Munition GmbH unterstützten einzelne Prüfschritte. Die Vergleichserprobung ergab, dass keines der getesteten Gewehre alle „Muss-Forderungen“ erfüllte. Dieses Ergebnis wurde den Bietern ausführlich erläutert und die Möglichkeit zur Nachbesserung der angebotenen Waffen bis zum Februar 2019 eingeräumt.

Am Rande der Vergleichserprobungen erhielt das BAAINBW informell Kenntnis darüber, dass die Waffe der Firma Haenel angeblich ein Patent der Firma Heckler & Koch im Zusammenhang mit der „Over-the-Beach“-Fähigkeit verletzen würde. Dabei geht es vereinfacht ausgedrückt darum, dass die Waffe auch nach einem Untertauchen im Wasser schussfähig bleibt. Auf Nachfrage erklärte die Firma Haenel, dass sich dies allenfalls auf das zivile, halbautomatische Gewehr CR 223 und nicht auf das angebotene vollautomatische Gewehr beziehen würde. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht bekannt, ob und in welcher genauen Ausführung der Gewehre die beteiligten Bieter schließlich ein finales Angebot abgeben würden. Das BAAINBw verfolgte die Hinweise nicht unmittelbar weiter, dazu bestand zudem keine rechtliche Verpflichtung.

Einer von zwei HK-Kandidaten: das HK433.

Die Erprobung der nachgebesserten Waffen fand ab Februar 2019 bis Oktober 2019 statt. Sie ergab, dass nun alle drei getesteten Produkte alle „Muss-Forderungen“ erfüllten. Damit stehen der Bundeswehr grundsätzlich drei marktverfügbare Gewehre zur Auswahl, die die sehr hohen technischen Präzisionskriterien für die Nachfolge des G 36 erfüllen.

Im Mai 2020 erfolgte die Aufforderung zur Abgabe eines letztverbindlichen Angebots (BestAnd-Final-Offer – kurz: BAFO). Beide Bieter übermittelten im Juni 2020 fristgerecht ihre letztverbindliche Angebote an die Angebotssammelstelle des BAAINBw.

Abgabe des letztverbindlichen Angebots

Nach der Abgabe des letztverbindlichen Angebots (BAFO) gilt grundsätzlich ein Verhandlungsverbot. Eine Aufklärung, die sich darauf beschränkt, widersprüchliche Angaben in den Angeboten aufzuklären, die eine Wertung des Angebots unmöglich machen, ist jedoch zulässig und geboten. Bei Widersprüchen in den Angaben eines Bieters im Angebot darf dieser nicht sofort ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss eines Angebots aus rein formalen Gründen ist nach der Rechtsprechung möglichst zu vermeiden. Dem Bieter ist daher Gelegenheit zu geben, den festgestellten Widerspruch aufzuklären.

Deshalb richtete das BAAINBw mehrere Aufklärungsschreiben jeweils an beide Bieter, um Rechenfehler und Ungenauigkeiten sowie Widersprüche auszuräumen.

Das BAAINBw stellte zudem fest, dass bezüglich der STANAG-Schienen, d.h. NATO-weit genormter Montageschienen für Zubehör von Handfeuerwaffen, sowie der dazugehörigen Abdeckungen keine vergleichbaren Angebote eingegangen waren, auch, weil möglicherweise die Vergabeunterlagen des BAAINBw Missverständnisse hervorgerufen hatten. Auch der beteiligte Bundesrechnungshof (BRH) hatte dies erkannt und forderte eine Aufklärung des Sachverhaltes mit den Bietern. In Abwägung der bestehenden Handlungsalternativen mit den rechtlichen Risiken einer Kommunikation nach BAFO entschied das BAAINBw in Abstimmung mit der Rechts- und Fachaufsicht im Ministerium daher, dassstatt einer Aufhebung oder eines Ausschlusses beiden Bietern die Gelegenheit zur Aufklärung gegeben werden soll. Dieses Vorgehen ist von keinem der Bieter innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist gerügt worden.

Zuletzt wurden beide Bieter darüber informiert, dass eine Änderung der Preisstände der Angebote erforderlich sei, da in der 25 Mio. €-Vorlage an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages über den abzuschließenden Rahmenvertrag der Preisstand 12/2019 anzugeben ist. Die Angebote enthielten jedoch den Preisstand für die geplante Serienlieferung 12/2022. Beide Anbieter stimmten der Änderung des Preisstandes zu.

Zweiter Kandidat von HK: das HK416, das bereits von den deutschen Spezialkräften ausgewählt worden war.

Nach Auswertung aller Unterlagen kam das BAAINBw zu dem Ergebnis, dass die Firma Haenel das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Darüber wurden Heckler & Koch am 15. September 2020 gemäß § 134 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) informiert. Heckler & Koch rügte dies unter anderem mit Bezug auf angebliche Patentverletzungen bezüglich eines Magazins und der „Over-the-Beach“-Fähigkeit durch die Firma Haenel.

Schutzbereich eines Patents

Ob und inwieweit tatsächlich die Konstruktion der Waffe von Haenel in den Schutzbereich eines Patents von Heckler & Koch eingreift oder ob die behauptete Patentverletzung hinsichtlich des Magazins vorliegt, war durch das BMVg und das BAAINBw zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend zu klären. Die Bieter hatten im Rahmen ihrer Angebote angegeben, dass ihnen keine den Gegenstand des Angebots berührenden Schutzrechte Dritter bekannt seien. Sie haben ferner die Regelungen des § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für Beschaffungsverträge des Bundesministeriums der Verteidigung (ABBV) zum Gegenstand ihrer finalen Angebote gemacht und bieterseitig den Vertragstext unterzeichnet. Darin ist folgende Regelung enthalten: „Der Auftragnehmer versichert, dass ihm, soweit er nicht dem Auftraggeber entsprechende Mitteilung gemacht hat, keine Umstände, insbesondere keine Schutzrechte Dritter, bekannt sind, die es ihm verbieten, die Vertragsgegenstände in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen und zu verkaufen, und dass keine Rechtsverletzungsansprüche wegen der Vertragsgegenstände gegen ihn gerichtlich oder außergerichtlich geltend gemacht worden sind.“

Ende September 2020 stellte Heckler & Koch einen Nachprüfantrag bei der Vergabekammer und brachte darin im Wesentlichen erneut die Punkte aus der Rüge und schwerpunktmäßig die angebliche Verletzung eines Patents von Heckler & Koch vor.

Da auf der Grundlage einer durch das BAAINBw vorgenommenen patentrechtlichen Bewertung eine Patentrechtsverletzung durch die Firma Haenel nicht ausgeschlossen werden kann, hat das BAAINBw in Abstimmung mit dem BMVg am 9. Oktober 2020 entschieden, den Bescheid an den unterlegenen Bieter vom 15. September 2020 an Heckler & Koch für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren wieder in den Stand „Angebotswertung“ zu versetzen. Diese Vorgehensweise stellt keine Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens dar. Ausgehend davon, dass das Verfahren in den Stand Angebotswertung zurückversetzt ist, wird jetzt die Wertung der bereits vorliegenden Angebote unter Berücksichtigung aller Aspekte wiederholt.

Heckler & Koch erklärte nach Rücknahme des Schreibens gemäß § 134 GWB seinen Nachprüfungsantrag für erledigt, sodass die Vergabekammer das Nachprüfungsverfahren umgehend in der Sache beendete.

Wie sich die aufgeworfene patentrechtliche Problematik im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens auswirkt, wird derzeit geprüft. Um eine belastbare Entscheidung treffen zu können, hat das BMVg einen unabhängigen Patentanwalt für die Erstellung eines Gutachtens eingeschaltet. Im Lichte dieses Gutachtens wird zu bewerten sein, welche Konsequenzen im Vergabeverfahren zu ziehen sind.

Das Bundesministerium der Verteidigung und das BAAINBw haben das bisherige, noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren zur Nachfolge des G 36 umfassend aufgearbeitet. Dabei ergaben sich keinerlei Hinweise auf befangene Entscheidungen. Die Gleichbehandlung der Bieter war jederzeit sichergestellt. Die vergaberechtlichen Grundsätze von Wettbewerb und Transparenz wurden eingehalten.

Der unheimliche Gewinner: MK556 von Haenel.

Aus den internen Nachprüfungen des bisherigen Verfahrens durch das BMVg und das BAAINBw lassen sich gleichzeitig für zukünftige Projekte Ableitungen treffen, die sich auf die Qualitätssicherung in technischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen beziehen. Auch wenn keine rechtlichen Verpflichtungen zu Patentrecherchen im Rahmen des Vergabeverfahrens bestehen, ist es zweckmäßig, zu jeder Zeit in einem laufenden Vergabeverfahren die größtmögliche Klarheit zu schaffen. Bereits zu Beginn eines Verfahrens müssen Bieter noch deutlicher darauf hingewiesen werden, auch mittelbar betroffene Schutzrechte bzw. Patente und vorhanden Lizenzen in Bezug auf den Auftragsgegenstand anzugeben. Ergeben sich darüber hinaus Anzeichen im laufenden Verfahren, dass Patentrechte betroffen sein könnten, ist dem seitens der Vergabestelle nachzugehen.

In der Prüfung wurde auch deutlich, dass die Unterlagen, die die Vergabestelle für die Einleitung des BAFO verwendet hatte, nicht so klar den erwarteten Gegenstand der Befüllung fassten, wie dies zur Vermeidung von Missverständnissen auf Seiten des Bieters notwendig gewesen wäre. Nach dem BAFO waren daher mehrfach Entscheidungen zu Nachfragen zu treffen, ohne deren Klärung eine technisch und rechtlich abschließend tragfähige Entscheidungsbasis nicht gegeben wäre. Um Risiken im Vergabeverfahren weitestgehend zu vermeiden, ist alles daran zu setzen, derartige Nachfragebedarfe zu minimieren. Dazu gehört auch die Anpassung der amtlichen Unterlagen zum Vergabeverfahren, mit denen Preise und Leistungen abgefordert werden.

Qualitätssicherung in jedem Vergabeverfahren

Weitere Schritte in der Qualitätssicherung sollen zukünftig die grundsätzlich in jedem Vergabeverfahren immanenten Risiken weiter minimieren. Dazu wird in Zukunft in der Auswertung von Vergabeverfahren von mehr als 25 Mio. Euro, die im Wettbewerb vergeben werden, eine unabhängige Bewertungskommission im BAAINBw gebildet. Sie besteht aus technischen, betriebswirtschaftlichen und juristischen Experten, die in dem jeweiligen Vergabeverfahren bislang nicht involviert waren. Sollte sich bei der Überprüfung eindeutig ergeben, dass aufgrund von Unklarheiten der von den Bietern als BAFO eingereichten Unterlagen kein Angebot zuschlagsfähig ist, besteht die Möglichkeit, das Vergabeverfahren wieder in den Zustand vor Eingang des BAFO zurückzuversetzen und damit risikobehaftete Nachfragen zu vermeiden.

Der umfassende „Gemeinsame Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung und des BAAINBw zu den aktuellen Entwicklungen bei der Nachfolgeentscheidung zum G 36 (Projekt „System Sturmgewehr“) ist VS-Vertraulich eingestuft und wird gesondert über die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übersandt. Der Bericht enthält eine ausführliche Darstellung der bislang erfolgten Verfahrensschritte in dem noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren. Dies umfasst auch Geschäftsgeheimnisse der beteiligten Bieter und sonstige schützenwerte Informationen. Deren Bekanntwerden in der Öffentlichkeit könnte den weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens gefährden (§ 5 Vergabeverordnung legt den Grundsatz der Vertraulichkeit des Vergabeverfahrens fest) und würde auch grundrechtlich geschützte Bereiche der Bieter berühren. Die Kenntnisnahme Unbefugter von dem Bericht wäre daher für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich.

Zur Sicherung größtmöglicher Transparenz des Verfahrens wurde der umfassende Bericht gleichzeitig auch dem Bundesrechnungshof übersandt. Das Bundesministerium der Verteidigung bietet an, diesen Bericht mit den Obleuten des Verteidigungsausschusses in einer entsprechend eingestuften Sitzung unter Einhaltung der aktuellen Corona-Auflagen ausführlich zu besprechen.

HAENEL DEFENCE im Internet: www.cg-haenel.de/defence_de

HECKLER & KOCH im Internet: www.heckler-koch.com

Die Bundeswehr im Internet: www.bundeswehr.de

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