Als Sicherheitsexperte und Sachbuchautor konnte Markus Schimpl seit 1991 im staatlichen und zivilen Sicherheitswesen Erfahrungen sammeln. Vor allem als Sicherheitsberater und Personenschutzexperte kann er auf eine umfangreiche nationale und internationale Einsatz- und Berufserfahrung zurückgreifen. Mit ICH RETTE MICH hat er ein Standardwerk zum Selbstschutz vorgelegt. Wir bringen Euch heute einen Auszug zum Thema Prävention, Selbstbehauptung & Selbstverteidigung. Fangen wir mit Definitionen an:

Definition: Prävention (Vorbeugung)

„Prävention ist die Bezeichnung für Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung von unerwünschten Ereignissen oder Zuständen, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit eintreffen können.“ Prävention ist vor allem gekennzeichnet durch vorzeitiges Erkennen von Gefahren und richtiges Handeln, um möglichen Risiken rechtzeitig aus dem Weg gehen zu können. Es ist sehr wichtig, Frauen, Jugendliche und Kinder in Bezug auf die genannten Themen zu sensibilisieren. Das Gefährdungspotential wird häufig falsch eingeschätzt, sollte aber mit Nachdruck deutlich gemacht werden. In Selbstverteidigungs- bzw. Selbstbehauptungskursen soll vor allem das selbstbewusste Auftreten vermittelt werden.

Abstand ist Sicherheit. Selbstverteidigung ist der letzte mögliche Schritt beim Selbstschutz. (Gestelltes Bild).

Definition: Selbstbehauptung

„Selbstbehauptung ist die Fähigkeit, sich in grenzüberschreitenden Situationen der eigenen Grenzen bewusst zu sein und diese deutlich machen zu können. Das Einsetzen von Selbstbehauptungstechniken, ein selbstbewusstes Auftreten und ein frühzeitiges Wahrnehmen von Gefahrensituationen sind notwendig, um den Einsatz körperlicher Abwehrtechniken zu vermeiden.“ Selbstbehauptung ist auch gekennzeichnet durch ein dementsprechendes Auftreten, meistens in Form der eigenen aufrechten und selbstbewussten Körperhaltung (nonverbales Signal).

Definition: Selbstverteidigung

Als Selbstverteidigung werden die Vermeidung und die Abwehr von Angriffen auf die seelische oder körperliche Unversehrtheit eines Menschen bezeichnet. Selbstverteidigung sollte durch ein blitzschnelles Handeln und das Nutzen des Überraschungseffektes gekennzeichnet sein.

In der Selbstverteidigung können zwei Reaktionen hervorgerufen werden: Die eine wäre, durch eine entsprechende Reaktion auf einen Angriff oder Übergriff mit nahezu übermenschlichen Kräften entgegenzuwirken, die andere ist das Erstarren durch Furcht. Durch ein praxisnahes, einsatzbezogenes und wiederholtes Training wird versucht, die Wahrscheinlichkeit des Erstarrens aus Furcht auf ein Minimum zu senken. Dies erfordert jedoch ein ständiges Training, vergleichbar mit einer Erste- Hilfe-Ausbildung. Nach zu langer Nichtanwendung von Erste Hilfe-Techniken und respektiven Selbstverteidigungstechniken wird die effektive Umsetzung im Ernstfall nur schwer bzw. gar nicht mehr möglich sein.

Definition: Täter

In der Rechtssprache wird als Täter bezeichnet, wer eine rechtswidrige Tat begeht.
Täter kann man grundsätzlich in vier Kategorien einteilen:

1. Täter, die aufgrund unkontrollierbarer Triebe und Impulse handeln.

2. Täter, die aufgrund einer Geisteskrankheit, Psycho- oder Soziopathie handeln.

3. Täter, die vorübergehend die Kontrolle über sich verlieren durch Alkohol, Drogenkonsum, etc.

4. Täter, die auf „Opferveranlassung“ hin gehandelt haben.

Definition: Opfer

Als Opfer bezeichnet man jemanden, der einen körperlichen und/oder seelischen Schaden aus einem An- oder Übergriff erleidet. Wer Opfer einer Straftat wird, hat oft lange mit den Folgen zu kämpfen. Körperliche Verletzungen, aber auch psychische Probleme, wie etwa posttraumatische Belastungsstörungen, können die Betroffenen stark beeinträchtigen.

Definition Technik & Automatisierung

Die Technik ist ein Idealbild eines Bewegungsablaufes, das auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, theoretischen Überlegungen und praktischen Erfahrungen beruht, in dem der Durchführende versucht, die Abstimmung der inneren und äußeren Kräfte anzustreben. In den von mir abgehaltenen Kursen geht es nicht um die optimale Ausführung einer Technik, sondern um die Umsetzung eines Fragments einer gezeigten und geübten Technik, die individuell von jedem/der Kursteilnehmer/innen an sein/ ihr Können anpasst, aber dennoch so effektiv und effizient ist, um einen Angriff abzuwehren. Deshalb ist einer meiner Leitsätze „Eine Technik ist dann gut, wenn sie funktioniert, egal wie auch immer sie aussieht.“ Nur die Einfachheit einer Technik wirkt! Je mehr Technik, Komplexität oder innere Ruhe eine Technik voraussetzt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einem realen Angriff funktioniert. Rücksichtslose Entschlossenheit siegt meistens über die Technik.

Automatisierung: Ein Bewegungsablauf gilt dann als automatisiert, wenn er gleichsam von selbst, automatisch und unbewusst abläuft, sodass man seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge richten kann. Man braucht ca. 20.000 – 40.000 Wiederholungen, damit eine Technik wie von selbst abläuft.Deshalb sollte eine militärnahe Drillausbildung zur Automatisierung einer Technik angestrebt werden. Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrung in der Ausbildung wurde folgende Erkenntnis bestätigt: „Wenn man eine Automatisierung einer Technik oder Fertigkeit erreicht hat, hält diese leider ohne Auffrischungstraining meist nur einige Wochen bis maximal einige Monate an.“

Wer hilft mir wenn ich ein Problem bekomme?

Grundsätzlich kann man nicht davon ausgehen, dass gerade eine Person in der Nähe ist, wenn man in Gefahr ist. Weiters kann man auch nicht damit rechnen, dass eine zufällig anwesende fremde Person eingreift und hilft. Darum gibt es in Wahrheit nur eine Person, die Entscheidungen trifft und mir helfen kann, und das bin ich selbst.

„Man sollte sich auf alle Fälle zur Wehr setzen, wenn man unverhofft angegriffen wird.“

Sexuelle An- und Übergriffe

Viele Mädchen und Frauen aller Altersstufen waren schon einmal Angriffen oder Bedrohungen ausgesetzt. Diese reichen von „einfachen“ Belästigungen bis hin zu Vergewaltigungen. Wichtige Faktoren sind hierbei der Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins, Angstbewältigung, ein gewisses Sicherheitsgefühl sowie ein Stück Lebensqualität. Viele Frauen lassen sich in ihrem Lebensumfeld aufgrund des Fehlens dieser Faktoren einschränken. Hinzu kommt, dass auch offiziell Widerstand gegen sexuelle Übergriffe und Tätlichkeiten mittlerweile von der Kriminalpolizei erwünscht und unterstützt wird. Die früher häufig vertretene Meinung: Gegenwehr schaukelt die Gewalt hoch, gilt in dieser Form nicht mehr.

Eine Gegenwehr bei sexuellen An- und Übergriffen sollte grundsätzlich immer erfolgen!

Besonders wichtig sind dabei:

a. Selbstbewusstes Auftreten

b. Stabiler Stand

c. Präventives Verhalten

Eine aufrechte Körperhaltung ist deshalb so wichtig, weil sie eine nonverbale Signalwirkung für das jeweilige Gegenüber (Tier oder Mensch) darstellt. Bei Ausdruck von Stärke und Selbstbewusstsein ist die Gefahr eines An- oder Übergriffs sehr klein. Das Ziel eines vermeintlichen Täters/einer vermeintlichen Täterin ist es, ohne Gegenwehr und großen Aufwand einfach und leicht zum Erfolg zu kommen.

Präventives Verhalten

„Der Kampf, der nicht stattfindet, ist der beste Kampf!“ (Shaolin) Der Begriff „Prävention“ leitet sich von dem lateinischen Verb „praevenire“ ab, was soviel bedeutet wie „vorbeugen“ beziehungsweise „einem Ereignis zuvorkommen“. Im Bereich der Kriminologie bezeichnet der Begriff „Kriminalprävention“ die Gesamtheit aller vorbeugenden Maßnahmen, die das Begehen künftiger Straftaten vermeiden sollen. Der klassische Begriff der Kriminalprävention bezieht sich auf das Strafrecht und die Strafrechtspflege. Das bedeutet ganz allgemein durch das Sanktionieren einer Tat das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung zu sichern. Es hat sich allerdings auch ein neuer „erweiterter“ kriminalpräventiver Begriff gebildet, welcher sich auf die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit bezieht, das heißt, das Anwenden sämtlicher Vorbeugungsstrategien (Selbstverteidigungskurse,..).

Abstand ist Sicherheit. Der erste Schritt ist zu lernen, dass man Fremden nicht zu nahe kommt. (Gestelltes Bild).

Warum ist präventives Verhalten gerade für Kinder so wichtig?

Ist ein Kind nicht in der Lage, die Gefahr zu erkennen, welche von einem Täter ausgehen kann, kommt es möglicherweise in eine Situation, aus der es sich nicht mehr befreien kann. Ein Kind ist einem Erwachsenen körperlich unterlegen! Auch wenn dieses Kind sich selbst nicht in die „Opferrolle“ begibt, befindet es sich dennoch in einem „Opferstatus“. Die Realität ist nun mal, dass der körperlich Stärkere einem körperlich Schwächeren immer überlegen ist!

Dazu ein Beispiel aus einem der abgehaltenen Kurse:

In einem meiner Selbstbehauptungskurse in einer Volksschule/Grundschule hatten wir unter anderem das Vergnügen, mit dem Landesmeister im Kickboxen zu üben. Dieser junge Bursch, zum damaligen Zeitpunkt zehn Jahre alt (4.Klasse), war der Meinung, er könnte sich ganz einfach, aufgrund seiner Kampfsporttechniken, gegen den Kursleiter wehren. Der Kursleiter hielt ihn kurz fest und der Junge konnte sich, für die Dauer des Haltegriffs (ungefähr 15 Sekunden), nicht befreien!

Lernt das Kind, sich präventiv zu verhalten, hilft ihm Folgendes:

• Mögliche Gefahren sofort zu erkennen.
• Sofort auf Distanz und in innere Abwehrhaltung zu gehen.
• Nicht ahnungslos überrumpelt zu werden.

Prävention beginnt allerdings nicht mit der Warnung vor dem „Bösen“. Das Wort „böse“ ist angstbesetzt. Der Sinn ist nicht, den Kindern Angst zu machen, sondern ihnen die Angst zu nehmen, indem sie gestärkt werden.

Abstand ist Sicherheit. Weglaufen ist Selbstschutz. (Gestelltes Bild).

Bauchkribbeln ist gut

Wenn man Kinder danach fragt, wo sie ihre Angst spüren, zeigen sie auf den Bauch und nennen es „Bauchkribbeln“. Angst hat viel mit Vertrauen zu tun, einerseits in sich selbst und andererseits in das Leben. In der Natur entsteht Angst nur in Gefahrensituationen (Naturkatastrophen, natürliche Feinde). Doch durch die Zivilisation entstehen weitere Gefahren, die von der Natur nicht vorgesehen sind (Krieg, Bedrohung des Menschen durch andere Menschen). Kinder sind anfänglich bei Angst wie „hypnotisiert“ wie auch viele Erwachsene. Sie weinen und laufen zu ihren Eltern, um Schutz zu bekommen. Die ohnmächtige Reaktion entsteht durch den falschen Umgang damit. Angst ist eine natürliche Schutzfunktion, sie kommt auf und warnt uns. Durch die Angst wird man hellwach und sie lenkt die Wahrnehmung auf die Bedrohung. So bleibt die Wahrnehmung erhalten, die Kinder sind reaktions- und handlungsfähig. Nach der Bewältigung der Situation verschwindet die Angst wieder, denn sie hat uns erfolgreich bewahrt und geschützt. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, dass jedes Kind zumindest eine Telefonnummer von einer Bezugsperson auswendig kennt, damit es im Ernstfall einen Erwachsenen um Hilfe bitten und jemanden anrufen kann, der es abholt.

HIER geht es zum ersten Teil: ICH RETTE MICH – Anleitung zum Selbstschutz 

Ich rette mich – Tipps und Tricks zur Selbstverteidigung, Selbstbehauptung und Prävention für alle vom 6. bis zum 99. Lebensjahr“ von Markus Schimpl, Graz 2016, closeprotection.at, 208 Seiten, Euro 20 (Taschenbuch), Kindle 14,99

CLOSE PROTECTION im Internet: www.ichrettemich.com

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