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Österreichs Armee will mit Partnerländern und mit der Industrie ein System zur Detektion atomarer, biologischer und chemischer Gefahren aufbauen. Es handelt sich dabei um eine militärische Fähigkeit, die der EU bisher fehlte. Demnächst wird darüber entschieden, ob Österreich im Rahmen eines Förderprogramms den Zuschlag für dieses Projekt bekommt.

„Österreich ist von atomaren, biologischen und chemischen Wirkmitteln und dem Einsatz von Kampfstoffen bedroht. Das Risiko ist vorhanden, plausibel und gut nachvollziehbar zu begründen.“

Diese spektakuläre Passage steht in einer bisher wenig beachteten Studie aus dem Jahr 2016. An der Erstellung beteiligt war unter anderem das Verteidigungsministerium. In einem der ausgearbeiteten Szenarien könnten Terroristen und andere Angreifer auch in Österreich Kampfstoffe aus dem ABC-Spektrum zum Einsatz bringen – zum Beispiel in sogenannten schmutzigen Bomben.

Umgekehrt identifizierte die EU in anderen Untersuchungen bereits mehrfach europaweite Defizite im Bereich der ABC-Abwehr und -Aufklärung.

„Surveillance as a Service“

Diese Lücke will Österreich nun gemeinsam mit mehreren Partnerländern und mit der Rüstungsindustrie schließen. Im Projekt „Surveillance as a Service“ – also Überwachung als Dienstleistung – arbeiten 14 Firmen und Institute aus Ungarn, Kroatien, Slowenien, Tschechien und der Slowakei an einem Spür- und Aufklärungssystem. Österreich will dazu Know-how der Firmen Frequentis, Schiebel und Taurob einbringen, sowie das Austrian Institute of Technology (AIT) und des Beratungsunternehmens CSET in das Konsortium entsenden.

Nicht nur Kampfstoffe – auch Unfälle

„Natürlich“, sagt Generalmajor Johann Frank dazu, „haben wir insbesondere militärische Einsätze im Blick.“ In der Direktion für Sicherheitspolitik des Verteidigungsministeriums, die das Rüstungsprojekt federführend antreibt, hat man als mögliche Anwendungsgebiete für das System jedoch auch zivile Großschadenslagen wie Chemie- und Kernkraftwerksunfälle im Auge. „Aber auch weitere Einsatzszenarien sind denkbar“, glaubt Frank. Etwa im Rahmen von Auslandseinsätzen. „In Syrien zum Beispiel, wo schon vielfach chemische Stoffe eingesetzt wurden und sich dann die Frage stellt: Zu welchem Zeitpunkt können Menschen dann auch wieder gesichert zurückkehren?“

„Wir haben auch Chemie- und Kernkraftwerksunfälle im Auge.“
– Johann Frank, Direktion für Sicherheitspolitik
Maßgeblicher Treiber des Vorhabens ist die Permanente Strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation, kurz PESCO) der Europäischen Union. Langfristiges Ziel aller PESCO-Teilnehmer wie Österreich ist es, sich verteidigungspolitisch und militärisch Stück für Stück von den USA zu emanzipieren. Spätestens seit dem Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus scheint man Washington nicht mehr als absolut verlässlichen Partner wahrzunehmen. Deshalb ist in den Projektunterlagen auch ausdrücklich davon die Rede, dass das System bei EU- und NATO-Missionen zum Einsatz kommen könnte.

Stichtag: 20. November

Noch nicht gesichert ist jedoch, dass die von Österreich angeführte ABC-Rüstungsentwicklung auch tatsächlich zur Truppe kommt. Am 20. November entscheidet die EU, ob sie das Vorhaben fördern will. Erhält das Konsortium den Zuschlag, winken Zuschüsse in Millionenhöhe. Dann soll das System bis 2020 stehen. Klappt es nicht, wollen die Beteiligten noch einmal neu entscheiden. HIER geht es vom Video zum Artikel. 

ADDENDUM Artikelserie zur Rolle Österreichs am Rüstungsmarkt: 

Die Einleitung auf SPARTANAT: Österreichs Rolle im Rüstungsgeschäft: Schaffen Waffen Frieden?

Teil 1: Wen Österreich beliefert

Teil 2: Österreichs Bundesheer will für EU und NATO Kampfstoffe aufspüren

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ADDENDUM im Internet: www.addendum.org