Augendominanz ist ganz natürlich und nichts Schlimmes. Sie kommt bei über 90 Prozent der Weltbevölkerung vor und beschreibt nichts weiter, als dass beim binokularen Sehen, also dem Sehen mit zwei Augen, eines davon die Führung übernimmt.

Um räumlich sehen zu können, benötigt man zwei Bilder, die separat aufgenommen und dann zu einem räumlichen Eindruck kombiniert werden.

Während dies bei der Generierung von 3D-Bildern für jedes Bild gleich passiert, übernimmt bei den meisten Menschen ein Auge die Führung. Im Laufe des Lebens werden dieses Führungsauge und die damit aufgenommen Bilder in den Erfahrungsschatz aufgenommen, so dass auch mit nur diesem einen Bild des Auges in gewissem Umfang räumliches „Sehen“ möglich ist.

Beim größten Anteil der Menschheit entspricht das Führungsauge der Händigkeit; also Rechtshänder rechtes Auge, Linkshänder linkes Auge.

Diese Kombination wird unbewusst das gesamte Leben über in der Auge-Hand Koordination trainiert und geschult. Somit ist der gesamt Körper und die Bewegungen darauf hin ausgerichtet, in der Koordination das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Ein Anteil der augendominanten Menschen verfügt jedoch nicht über die klassische einseitige Dominanz. Bei diesen Menschen übernimmt das Auge gegenüber der Händigkeit die Führung; also Rechtshänder linkes Auge, Linkshänder rechtes Auge. Hierbei spricht man von der sog. Kreuzdominanz. Auch bei kreuzdominanten Menschen stellt dies im normalen Alltag kein Problem dar, da auch hier die Auge-Hand Koordination ein Leben lang geschult wurde und Bewegungen entsprechend ausgeführt werden.

Augendominanz kann beim Umgang mit Schusswaffen dazu führen, dass Ablagen im Trefferergebnis verursacht werden.

Wer kennt das nicht – man schießt fantastische Gruppen, aber aus irgendeinem Grund haben die Treffer trotz höchster Konzentration seitliche Ablagen. Die teure verstellbare Kimme ist schon im seitlichen Anschlag, die Schützenkollegen witzeln schon und man weiß einfach nicht, woran es liegt. Als letzte Alternative verlegt man den Haltepunkt und dann klappt es …

Ein Grund hierfür könnte sein, dass man seine Augendominanz nicht beachtet.

Während bei einer einseitigen Dominanz die Auswirkungen nicht so gravierend sind, kann eine Kreuzdominanz häufig zu sehr deutlichen „Schießfehlern“ führen. Grund hierfür sind unbewusste Veränderungen der Körperhaltung beim Zielvorgang. Hierbei wird der Kopf seitlich verschoben, um vermeintlich gerade hinter der Visierung zu stehen. Dadurch kommt es zum seitlichen Klemmen der Visierung und damit zu Ablagen.

Dies kann auch bei der einseitigen Augendominanz erfolgen, wenn der Anschlag nicht korrekt ausgeführt wird. Häufig wird dies beim Einhändigen Anschlag deutlich erkennbar.

Wie erkennt man eine Augendominanz und wie kann man negative Auswirkungen vermeiden?

Eine Augendominanz kann man sehr einfach selber herausfinden, indem man wie folgt vorgeht:

Daumenmethode:

  • Gerade hinstellen
  • Mit beiden offenen Augen einen Punkt in ca. 3 m Entfernung fixieren
  • Den Punkt mit dem Daumen verdecken
  • Abwechselnd linkes und rechtes Auge schließen und öffnen
  • Je nachdem, bei welchem Auge der Punkt verdeckt bleibt, befindet sich dort die Augendominanz – auf dem anderen Auge verspringt der Daumen vom Punkt weg.

 

Dreieckmethode:

  • Gerade Hinstellen
  • Mit beiden Händen ein Dreieck zwischen Daumen und Zeigefingern formen
  • Durch das Dreieck mit offenen Augen einen Punkt in ca. 3m Entfernung fixieren
  • Das Dreieck langsam zum Kopf führen
  • Die Hände werden automatisch zu dem dominanten Auge geführt. Je nach Ausprägung der Augendominanz kann es sein, dass die Hände „nur“ zu einer Seite hin tendieren. Ggf. ist die Wiederholung dieser Methode zur Verifizierung notwendig!

Nachdem eine Augendominanz festgestellt wurde, geht es darum, deren Auswirkungen festzustellen und zu kompensieren.

Um zu verifizieren, ob ein Zielfehler durch eine Augendominanz hervorgerufen wird, ist es nötig, sich die eigene Körperhaltung im Anschlag objektiv zu betrachten. Hierzu ist der stehende Anschlag am besten geeignet.

Dazu vergleicht man den geraden Stand mit dem Stand im Anschlag. Hauptaugenmerk liegt dabei auf ggf. seitliches Verschieben der Armhaltung und/oder des Kopfes. Dies sind deutliche Anzeichen für die unbewusste Kompensation einer Augendominanz.

Weitere Anzeichen können sein:

  • Zurückdrehen der Schussschulter
  • ungleiche Armhaltung
  • seitliches Abknicken des Handgelenks der Schusshand

Häufig ist in Verbindung mit o.g. Anzeichen auch eine verdrehte Haltung des Griffstückes – insbesondere bei Kurzwaffen – zu erkennen. Die gedachte Verlängerung der Visierlinie geht dabei nicht über den Ellenbogen durch die Schulter der Schusshandseite, sondern durch die gegenüberliegende Schulter.Die Kompensation von Schießfehlern verursacht durch Augendominanz kann auf verschiedene Weisen erfolgen.

  • Verlegung des Haltepunktes bzw. seitliche Korrektur der Visierung (Erstmaßnahmen!)
  • Training einer korrigierten Haltung mit Schwerpunkt auf ein korrektes Visierbild
  • Kombination von Haltepunktverlegung und Haltungstraining (sofern die Augendominanz stark ausgeprägt ist)

Die Kompensation durch Training und das Wissen über die eigene Augendominanz stellen die besten Möglichkeiten dar, um im Training langfristig erfolgreich zu sein.

Die Alternative hierzu sind sog. Korrekturhilfen (z.B. Spezialanfertigung von Griffen mit entsprechendem Drehwinkel, speziell angefertigte Schießbrillen, usw.). Diese Dinge nehmen einem zwar die Arbeit an der eigenen Korrektur ab, sind aber sehr kostspielig. Zudem sind sie an zeitliche Entwicklungen nicht anpassbar; da der Körper sich stetig weiter entwickelt und ändert, kann auch eine Augendominanz stärker oder schwächer werden. Mit zunehmendem Alter ändert sich die Sehkraft und damit ändert sich auch die Ausprägung einer Augendominanz.

Das Wissen um die Augendominanz und die eigenen Möglichkeiten zur Kompensation stellt hierbei die deutlich bessere Variante dar.

Die Anleitung und Hilfestellung eines professionell geschulten Schießlehrers/ -ausbilders ist im Einzelfall dringend zu empfehlen. Hier können Art und Ausprägung der Augendominanz ermittelt und entsprechende Kompensationsmöglichkeiten angepasst vermittelt werden.

Augendominanz ist keine Krankheit! Sie kann aber die Erklärung für gewisse Einschränkungen liefern, die ein Fortkommen in den eigenen Fertigkeiten verzögern oder verhindern. Es gilt, dies zu erkennen und der Situation entsprechend wirkungsvoll zu begegnen.

Auch wenn im normalen Schusswaffenhandling die Augendominanz bei Einigen keine Auswirkungen hat, kommt sie spätestens dann zum Tragen wenn man mit der „ungewohnten“ Seite schießen muss. Spätestens dann ist es wichtig zu erkennen, dass eine Augendominanz sich stellenweise stark auf die Schießleistung auswirkt.

Stay safe!

Khi Pa

 

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