Der Krieg im Nahen Osten zieht nicht nur jene an, die sich zu Tausenden dem Islamischen Staat (IS oder auch Daash) anschließen. Die Medien haben auch schon über jene berichtet, die aus dem Westen kommen und sich nun den Kurden anschließen um ihnen im Kampf gegen IS zu helfen. Jack Murphy, SPARTANAT Autor und Managing Editor bei SOFREP, ist nach in die Kurdengebiete Syriens gereist und hat sich dort bei der YPG mit den Freiwilligen aus dem Westen getroffen. Hier sein Bericht:

Ich höre die Schüsse einer 12,7mm den ganzen Tag über bis in den Nachmittag durch die verlassenen Gebäude hallen. Schuss um Schuss hallt aus einer leeren Lagerhalle neben dem Apartmentgebäude, in dem ich mich mit Angehörigen der YPG aufhalte. Das erregt meine Neugier ziemlich … Es scheint keine YPJ oder YPG Scharfschützeneinheit zu sein, die hier schießt, denn genau bei denen halte ich mich gerade auf.

Wir sind dort, wo früher die Grenze zwischen Syrien und Irak verlaufen ist. Heutzutage ist diese Grenze irrelevant. Sie ist jetzt Teil von Rojava, seit die YPG Rabbia vom Islamischen Staat Monate zuvor zurückerobert hat. Ich streife durch etwas, was einst wohl ein Luxusappartementgebäude gewesen sein mag, durch viele andere Trümmer und hin zu einem aufgegebenen Industriepark. Mich überkommt das unheimliche Gefühl, als ob ich eine Art post-apokalyptische Welt betreten hätte.

Als ich zu den Schützen gelange, sind sieben von ihnen damit beschäftigt vor Ort hergestellt 12,7mm Scharfschützengewehre abzufeuern. Sie wurden aus DShK Läufen und Abzugsgruppen, die in den Waffenwerkstätten Rojavas produziert wurden, gebaut. Ich gehe zu der Gruppe und fange an Hände zu schütteln. Einer von den Anwesenden war fast zwei Meter groß, gebaut wie ein Wandschrank.

Als ich seine Hand schüttle, grunzt er nur irgendetwas und bewegt sich weg. Er versucht offensichtlich zu verbergen, was ganz klar sichtbar war – er ist ein europäischer Kämpfer, der sich freiwillig den Kurden angeschlossen hat, um mit ihnen zu kämpfen. Ihm folgt sogleich ein anderer, europäisch aussehender Kämpfer, den ich so überhaupt nicht begrüßen konnte. Später wurde mir gesagt, dass die zwei sich in einer Sprache unterhalten haben, die irgendwie skandinavisch geklungen hat.

Was mich stutzig gemacht hat, war dass sie den Vormittag und den Nachmittag damit verbrachten, mit großkalibrigen Scharfschützengewehren auf die Seitenwand einer 50 Meter entfernten Lagerhalle zu feuern. Außer ein paar Schuss, um damit das Zielfernrohr einzuschießen, hat es keinen Wert zur Übung auf ein Ziel in 50 Metern zu schießen. Mit einem Gewehr in 12,7mm kann man auf diese Entfernung nichts verfehlen. Entweder war das, was da abging, eine totale Clown Show –  oder sie haben Waffen und Zielfernrohre auf ihre Zuverlässigkeit überprüft.

Ein anderes Mitglied der Gruppe kommt zu mir, ein Englisch sprechender Kurde mit einem Muttermal auf der Wange, nahe seinem Auge, und schulterlangem schwarzen Haar. Als er meine Kamera sieht, sagt er als erstes zu mir: „Keine Fotos.“ Ich stimme zu und er erzählte mir gleich, dass er und sein Team eine „Spezialeinheit“ seien. Ich musste mit mir ringen, professionell zu bleiben und nicht zu lachen. Dann ersucht er mich zu verschwinden, wozu ich ebenfalls zustimme. Der Kurde eskortiert mich weg, fragt mich dabei noch wer ich bin und ob ich Jordan schon getroffen habe, einen anderen ausländischen Freiwilligen bei der YPG. Zu dem Zeitpunkt hatte ich ihn noch nicht getroffen. Aber ich würde es bald tun…

Die ausländischen Kämpfer von Rojava

Als ich zum Compound, der Trainingsanlage, komme, erklimme ich in einem der Gebäude den vierten Stock. Dort, wurde mir gesagt, könnte ich amerikanische und andere nicht-einheimische Kämpfer antreffen. Nachdem ich an ein paar Türen geklopft hatte, war ich bei den drei Ausländern, die ich gesucht hatte, angelangt. Sie waren sehr höflich und hießen mich bei ihnen willkommen. Mir wurden jene Ultralight-Zigaretten angeboten, die in Rojava ebenso allgegenwärtig sind, wie die AK-47. Der Scherz machte die Runde, dass wir alle an Lungenkrebs sterben werden, bevor der Islamische Staat auch nur die Chance hat uns zu erschießen.

Die drei ausländischen Kämpfer stammen alle aus westlichen Ländern und haben beansprucht, dass sie militärische Erfahrung mitbringen. Ich habe zugestimmt keine Fotos von ihnen zu machen und auch nicht ihre Identität offenzulegen. Das war eine durchaus ernste Bitte, der ich da nachkomme, denn der Islamische Staat setzt gerne Kopfgeld auf bestimmte Personen aus. Es gibt etwa eine Liste mit Namen von 17 Personen aus der YPG, die der IS bevorzugt getötet haben will. Ein YPG Kommandant, den ich getroffen habe, hat in Rojava direkt einen Ermordungsversuch überstanden.

Die drei ausländischen Kämpfer erzählen mir ein paar ihrer Geschichten. Einer hat versucht in die Ukraine zu gehen und dort zu kämpfen, bevor er sich der YPG angeschlossen hat. Er und ein anderer sind auf dem selben Weg nach Rojava gekommen wie ich, über die Untergrund-Eisenbahn. Der dritte Kämpfer gelangte über die Türkei hierher und hat dabei eine haarsträubende Erfahrung gemacht. Wie es sich herausgestellt hat, kauft der IS auch Fremde, die versuchen nach Rojava zu kommen um sich dem Kampf anzuschließen.

Der ausländische Kämpfer, den ich „Sam“ nennen will, war in einem Bus unterwegs um die Grenze zwischen der Türkei und Syrien zu queren und Kontakt mit der YPG aufzunehmen. Als der Bus so fährt, deutet einer der Passagiere plötzlich auf eine Sperre, der der Bus entgegenfährt. Sam kam das, was da vorging, gleich verdächtig vor. Als der Bus sich dem Checkpoint nähert, konnte er eine Gruppe von Männern erkennen, die wohl auf ihn warteten. Sie trugen Uniformen, aber ihre Fahrzeuge waren zivil – weder türkisches Militär noch Polizei. Sam entschied sich klugerweise dafür, den Busfahrer anhalten zu lassen und sich noch vor dem Checkpoint abzusetzen. Im Fall der Fälle könnte ein YPG Kontakt sich wo anders mit ihm treffen und ihn in die richtige Richtung lotsen.

Ein YPG Kommandant hat mir erzählt, dass der IS regelmäßig so vorgeht und es durchaus als eine Möglichkeit sieht, mehr westliche, vor allem amerikanische Geiseln zu nehmen. Der Kommandant unterhält sich immer wieder über Funkgerät oder auch Handy mit dem IS, wenn Kurden eines einem toten Kämpfer abnehmen konnten. Der Islamische Staat hat schon ein Kopfgeld auf den Kopf des Kommandanten ausgesetzt, und so hat er sie am Telefon gefragt, was sie mit ihm machen würden, wenn sie ihn gefangen nehmen könnten. Ob sie ihn köpfen würden, wollte er wissen, und der IS Anführer meinte: „Wahrscheinlich, aber nicht sofort.“ Zuerst würden sie ihn an einen Ort mit einer guten Internetverbindung bringen, dort würde er gezwungen werden mehr westliche Freiwillige anzulocken, die dann vom IS an der Grenze geschnappt werden könnten. „Ah, okay“, meinte der YPG Kommandant am Telefon zum IS Kommandant. „Was machen eure Jungs in Palästina? Ich hoffe, sie sterben gut.“

Man muss nur an die bisherigen Köpfungsvideos denken, die der IS von westlichen Journalisten und Helfern gemacht hat. Mit mehr Westlern in dieser Falle könnten sie noch mehr Geiseln nehmen. Der YPG Kommandant, mit dem ich geredet habe, hatte keine Ahnung, ob überhaupt oder wenn, wie viele Amerikaner, mit diesem Trick bis jetzt gefangen genommen wurden.

Die Löwen von Rojava

„Es tut mir leid, ich kann ihnen nicht mehr sagen, bevor ihre Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen ist“, meint ein ehemaliger US Marine, den ich vor einem PKK Gebäude treffe. Er hat ein Bandana und Sonnenbrillen auf, und erzählt mir dann schließlich doch so einiges … irgendwie. Das ist das Problem mit den „Löwen von Rojava“, wie sie sich auf Facebook nennen. Die nicht heimischen Kämpfer halten OPSEC und PERSEC hoch, wenn man sie trifft. Sie wollen also weder über ihre Einsätze oder Aufgaben sprechen (zumindest am Anfang), noch auf einem Foto abgelichtet werden. Dafür gibt es auch gute Gründe. Aber dann posten sie Bilder und andere sensitive Informationen auf Facebook.

Die Galionsfigur der „Löwen von Rojava“ ist Jordan Matson. Als ich Jordan und den Ex-Marine zum ersten Mal sehe, meinen sie, ich sei hier um zu kämpfen oder bei der Ausbildung zu helfen. Ich muss ihnen schnell erklären, dass ich für SOFREP schreibe, und mich bald wieder auf dem Heimweg befinden werde. Glücklicher Weise erkennt mich einer der dort anwesenden Briten, dessen Wege ich in der Vergangenheit schon einmal gekreuzt hatte, und so kommt auch niemand auf den Gedanken, ich hätte irgendwelche unlauteren Motive als Grund für meine Anwesenheit.

Auch wenn der ehemalige Marine noch ein wenig übermotiviert war, so schien der Großteil der „Löwen von Rojava“ ihr Herz und Hirn am rechten Platz zu haben. Sie sind nach Rojava gereist um gegen Daash – wie der Islamische Staat auch heißt – zu kämpfen. Und auch wenn sie nicht die selbe sozialistische Ideologie wie die PKK vertreten, so sympathisieren sie durchaus mit deren Freiheitskampf. Jordan glaubt an etwas, was ich und auch viele andere Veteranen der US Army nur all zu gut nachvollziehen können: Wenn der IS den Krieg gewinnt, dann bedeutet das, dass all das, wofür unsere Freunde und Kameraden gestorben sind, verloren ist. Wenn Daash gewinnt, dann war alles was ich mit meinen Jungs in Tal Afar und Mosul gemacht habe bedeutungslos.

Die nicht heimischen Kämpfer scheinen zwar keine Sozialisten zu sein, doch haben sie ihre eigene Ideologie. Was Daash und den Freiheitskampf angeht, so kommen die Ziele der Freiwilligen und der PKK zusammen. Im Gegensatz zu dem, was man in der Presse liest, sind die ausländischen Kämpfer bei der PKK keine Söldner. Es ist der Glaube an die Sache, der dazu führt, dass sie nach Rojava reisen und sich dem Kampf anschließen. Auch haben sie mir gegenüber erklärt, dass sie keine Bezahlung bekommen. Sie sind also Freiwillige in der engsten Auslegung des Wortes. Normalerweise erhalten Kämpfer der PKK ca. 250 US-Dollar pro Monat, aber die ausländischen Kämpfer nehmen nicht einmal diesen Lapidarbetrag an.

Ich treffe auch auf zwei Briten, die mitkämpfen wollen. Beide scheinen gute Männer zu sein und wollen ihre Ausbildung und Kampferfahrung an die PKK-Kämpfer weitergeben. Zwar waren beide etwas frustriert, wie kompliziert sich alles gestaltet, doch verstanden sie auch, dass Geduld eine Tugend ist und dass es Zeit benötigt, bis sie die Kultur, in der sie nun agieren, weit genug verstehen, um effektiv agieren zu können.

Die Löwen von Rojava erklärten, dass es ihr Ziel sei, eine eigene Einheit nur aus Englisch sprechenden westlichen Kämpfern aufzustellen. Das würde es um einiges einfacher machen, effektiv zu führen, anstatt – wie im Moment – Leute einzeln oder in Kleingruppen über die kurdischen Tabors, also Einheiten, aufgeteilt zu haben, wo kaum jemand Englisch spricht und wo sie quasi ein Außenseiterdasein fristen.

Unterdessen rekrutiert Jordan weitere westliche Kämpfer für die PKK mittels der Facebook Seite der „Löwen von Rojava“. Ich muss wohl kaum extra erwähnen, dass ich mir ursprünglich einen Haufen ausgebrannter Verlierer vorgestellt hatte, und war daher recht überrascht, gute Männer vorzufinden, die sich auch die Zeit nehmen sich mit Sprache und Kultur ihrer Gastgeber auseinanderzusetzen. Sie verstehen, dass ihr Einsatz mehr mit Lawrence von Arabien zu tun hat als mit Rambo.

Die Löwen haben aber auch ihre Baustellen. Manche von ihnen ziehen sich an, als wären sie OPFOR-Darsteller auf einer Übung in North Carolina. Angeblich gab es sogar einen Freiwilligen, der nach seiner Ankunft von seinem Kommandanten verlangte den General zu sprechen, und nach „Bier und Nutten““ verlangte. Solche Aussagen können in einer Kultur, die Gleichberechtigung und Respekt hochhält, sehr schnell gröber ins Auge gehen.

Dass sich Ausländer freiwillig an einem nationalen Befreiungskampf irgendwo in der Welt beteiligen, ist nichts Neues. Diese Fremden zieht es in die Kriegszonen aus so unterschiedlichen Gründen, wie auch ihre persönlichen Hintergründe unterschiedlichst sind. Ein amerikanischer ausländischer Kämpfer, den ich an der Grenze von Kurdistan zu Rojava getroffen habe, meinte, er wolle einfach noch in den Einsatz gehen, bevor er zu alt dafür sei. Er ging gerade auf seinen 70er zu. Ein weiterer Freiwilliger, von dem mir erzählt wurde, den ich aber nie getroffen habe, war zuvor Manager einer Laser Tag Arena, bevor er sich der YPG angeschlossen hat. Man kann sich vorstellen, dass dieser Background Anlass für mehr als genug Witze war, aber nach der Meinung seines sehr harten YPG Kommandanten, den ich getroffen habe, war dieser ausländische Kämpfer gut und auch bereit ins Gefecht zu gehen.

Söldner?

Eine der größten Schwachstellen der „Löwen von Rojava“ (aus meiner Sicht) ist, dass sie ihre Öffentlichkeitsarbeit nicht anständig machen. Sie spielen das zweischneidige Spiel von social media, brauchen es um weitere Freiwillige für die YPG zu rekrutieren, sind sich aber nicht der weiteren Folgen bewusst, die das haben kann. Eine davon ist, dass man damit auch die Durchgeknallten anlockt. Eine andere wäre, dass man die Mainstreammedien mit Bildern versorgt, die diese durch den Äther blasen um dann die Menschen auf diesen Bildern sogleich als „Söldner“ zu brandmarken.

Alle ausländischen Kämpfer, die ich getroffen habe, haben mich gebeten nicht fotografiert zu werden oder keine weiteren Informationen über sie zu veröffentlichen, mit denen sie identifiziert werden können. Ich habe dem zugestimmt, auch weil ich weiß, dass man, indem man sie identifiziert, ihnen eine Zielscheibe auf ihr Hinterhaupt malt. Einige Tage später, ich hatte die YPG Basis bereits verlassen, sitze ich in einem Flüchtlingslager in Dohuk. Die jesidischen Flüchtlinge hatten den Fernseher eingeschaltet, es läuft ein arabischer Nachrichtenkanal.

Und die Schlagzeilen berichten von den westlichen „Söldnern“, die mit der YPG kämpfen. In der Geschichte kamen Namen und Bilder der britischen Freiwilligen vor, die ich gerade einen Tag zuvor getroffen hatte. Soviel zum Thema Vertraulichkeit. Die Facebookseite der Löwen von Rojava hatte ihre Bilder gepostet. Das war vermutlich der Anfangspunkt, von dem aus die Reporter es geschafft haben, Bilder einzelnen Facebook-Seiten zuzuordnen, und so die Männer zu identifizieren.

Auf die Frage, ob diese Männer „Söldner“ sind, ist meine klare Antwort „Nein“. Söldner sein setzt voraus, dass man für eine Seite gegen bare Münze kämpft, ohne jede ideologische Motivation handelt. Die ausländischen Kämpfer, die ich getroffen habe, wollen den Kurden in ihrem Freiheitskampf und gegen einen Feind, den sie als wirklich böse betrachten, mit vollem Einsatz helfen. Die Freiwilligen, denen ich begegnet bin, waren wirklich freiwillig dort; außer Quartier und Kost erhalten sie auch keine Bezahlung.

Die Wünsche der Partei

Die westlichen Freiwilligen sind auch nicht die ersten Fremden, die in die Reihen der kurdischen Verbände integriert wurden. Die ersten Fremden, die die PKK, YPG und YPJ Kämpfer in Rojava aufgenommen haben, waren einige hundert türkische Kommunisten. Anfangs hat man ihnen nicht getraut, letztendlich hatten sie sich nicht nur das Vertrauen, sondern sogar die Bewunderung der Kurden erkämpft. Inzwischen sind fast alle der türkischen Kämpfer tot. Der Krieg frisst seine Kinder schneller als sie ersetzt werden können.

Ein Privatgespräch mit einem der Kurden war ziemlich erhellend, als es um die Sache der nicht-einheimischen Kämpfer ging. Während diese gerne eine englischsprachige Einheit schaffen würden, hat die YPG ganz andere Pläne. Noch halten sie die Ausländer in den Hauptquartierbereichen oder in relativ sicheren Abschnitten der Front zurück, wo es eher unwahrscheinlich ist, dass sie angegriffen werden. Während die Löwen von Rojava denken, sie sicherheitsüberprüfen Neuankömmlinge, werden diese selbst von der YPG überprüft. Sie werden so lange zurückgehalten, bis die YPG weiß, wem sie vertrauen kann. Wenn die Spreu vom Weizen getrennt ist, werden die Fremden in Drei-Mann-Teams mit kurdischen Einheiten eingesetzt.

Die Fremden wollen ihre westliche Kampfausbildung und -erfahrung bei den Kurden einbringen. Gleichzeitig ist es den Kurden wichtig, ihre Kultur und Ideologie den Fremden beizubringen. Die Kurden würden nie jemandem ihre Ideologie aufzwingen, aber als gute Sozialisten fühlen sie, dass die Fremden ihnen eventuell auch da entgegen kommen werden und sich ihrer ideologischen Sache anschließen. Es geht bei der YPG nicht nur um Kampf. Die Kurden wissen, dass die Fremden sehr unterschiedlich sind und spüren, dass jeder seinen eigenen Weg geht, wenn es darum geht, sich selbst und die Bewegung zu finden. Letztendlich, wenn man sich den Beitrag der Freiwilligen anschaut, dann ist ihr Einsatz willkommen, aber letztendlich unbedeutend. Und das sage ich nicht, um die freiwilligen Kämpfer herab zu setzten oder schlecht zu machen. Sie bringen ein Opfer, indem sie nach Rojava reisen und ihre Leben für die Sache der Freiheit hingeben. Letztendlich wird der Krieg aber von den Leuten von Rojava gewonnen. Das höchste Opfer ist von tausenden von Kurden bereits gebracht worden, die angesichts der Armee der Dunkelheit, des Islamischen Staates, alles gegeben haben.

Man muss im Kopf behalten, dass die wirklichen Helden von Rojava die YPG und YPJ Kämpfer sind. Die ausländischen Freiwilligen müssen sich da erst nach oben kämpfen. Ihre Herausforderung ist es, ihre Ausbildung und Erfahrung in kurdische Einheiten einzubringen, die bereits im Kampf stehen und – in manchen Fällen – an Auszehrung leiden.

Um erfolgreich zu sein, müssen die Fremden die kurdische Sprache und Kultur erlernen. Dann müssen sie diese Kultur als Transmissionsriemen verwenden, um ihr militärisches Wissen einzubringen. Wenn das passiert, werden die kurdischen Kämpfer ein kleines Bisschen wie sie. Was die Fremden aber noch nicht verstehen, ist, dass die Kurden ihre militärische Ausbildung als Möglichkeit dazu verwenden werden, ihnen etwas über sich selbst beizubringen. Während der militärische und soziale Austausch stattfindet, werden die Ausländer selber in ihrem Charakter auch immer mehr kurdisch werden.

SOFREP_4JACK MURPHY  ist Managing Editor bei SOFREP.COM. Er hat in der 5th Special Forces Group gedient und war unter anderem im Irak und in Afghanistan im Einsatz. 2010 hat er die US Army verlassen. Er studiert an der Columbia University Politikwissenschaft. Murphy ist Autor von „Reflexive Fire“, „Target Deck“, der PROMIS Serie und hat viele Artikel über Waffen, Taktik, Special Operations, Terrorismus und Counter-Terrorismus veröffentlicht.