In den Königreichen des Westens ist etwas faul, meint Militärhistoriker Martin van Creveld und stellt sein neues Buch vor. „Pussycats“ war der englische Titel, auf Deutsch ist es unter „Wir Weicheier“ erschienen:

Die Länder der NATO zeichnen gemeinsam für zwei Drittel der globalen Militärausgaben verantwortlich. Wenn es um Militärtechnologie geht – vor allem bei Elektronik, Kommunikation und Logistik – haben sie den Rest der Welkt so abgehängt, dass es sich in keinster Weise mehr um einen Wettlauf handelt. Dennoch, fast jedes Mal wenn sie seit dem Ende des Koreakriegs 1953 auszogen um Nicht-Westler zu bekämpfen, wurden sie geschlagen und mussten sich zurückziehen ohne ihre Ziele erreicht zu haben. So wie es, um zwei aktuelle Beispiele zu benennen, im Irak und in Afghanistan passiert ist; und so wie es passieren wird, wenn der Islam sich weiter nach Europa verbreitet, wie er es jetzt gerade tut.

Was ist falsch gelaufen? Wie konnten sich die wilden Krieger, die zwischen 1492 und 1914 praktisch die ganze Welt unter ihre Kontrolle gebracht hatten, in Pussycats verwandeln? Leser meiner Webseite kennen einige frühere Versuche diese Frage zu beantworten; diese Antworten habe ich jetzt erweitert und zu einem neuen Buch zusammengeführt.

Kapitel 1 heißt „Die Unterwerfung der Jungen“ konzentriert sich darauf zu beschreiben, wie die westliche Gesellschaft ihren spärlichen Nachwuchs erzieht. Er wird bei jedem Schritt überwacht und beschützt; jede Art von Unabhängigkeit wird ihm genommen; gewaltsam verhindert man, dass er erwachsen wird; und wenn er sich weigert für lange Stunden still zu sitzen wie auch um des Erwachsene auszutreiben, wird er pathologisiert und mit Ritalin zugeschüttet (das übrigens nahe dem Kokain verwandt ist, ganz zufälligerweise). Kurz gesagt, in den Worten eines amerikanischen Bestsellers, man macht aus ihnen „exzellente Schafe“.

Kapitel 2, „De Verharmlosung der Armee“ zeigt wie das gleiche dem Militär passiert. Truppen können und wurden immer wieder auf die andere Seite der Welt geschickt werden, um jemanden zu töten – und um im Gegenzug getötet zu werden. Je nachdem an welche Armee man jetzt denken mag, haben sie trotzdem nicht die Erlaubnis nach 2300 auszugehen, ein Bier zu trinken, die Uniform in der Öffentlichkeit zu tragen (weil sie sonst zu einem Ziel für Terroristen werden könnten), Pornographie zu konsumieren (weil das die sensiblen Seelen ihrer weiblichen Kameraden verletzen könnte) oder gar ein Puff zu besuchen. Kurz: sie dürfen keine Männer sein. Und damit hat man klar nicht verstanden, dass das Beweisen der eigenen Männlichkeit einer der wichtigsten Faktoren war, ist und sein wird, der Soldaten kämpfen lässt.

„Was ist falsch gelaufen? Wie konnten sich die wilden Krieger, die zwischen 1492 und 1914 praktisch die ganze Welt unter ihre Kontrolle gebracht hatten, in Pussycats verwandeln?“

Das Kapitel „Der Krieg gegen die Männer“ untersucht wie die Streitkräfte feminisiert werden und wie sich das auf ihre Kampfkraft auswirkt. Theoretisch werden weibliche und männliche Soldaten so gleich behandelt wie sie auch sein sollten. In der Realität sind erstere aber vielfach privilegiert. „Gendernormierung“ bedeutet zuerst einmal, dass die von weiblichen Soldaten geforderten Standards bei ihrem Training, in Kursen und Tests niedriger sind als jene, die Männer haben; mit dem vorhersehbaren Ergebnis, dass jedermanns Training darunter leidet. Zweitens, wenn es sich um Schwangerschaft und Geburt dreht, genießen weibliche Soldaten Privilegien, die Männer nicht haben. Drittens wirken sich verschiedene Faktoren so aus, dass es in manchen Armeen für Frauen inzwischen leichter ist Offizier zu werden – mit allen Vorteilen, die das bringt. Und je weiter das vom Dienst an der Waffe entfernt ist, desto zutreffender ist das. Am schlimmsten aber: obwohl jeder diese Fakten kennt, darf sie niemand benennen, nicht mal unbewusst; das bedeutet, dass das gesamte Militär auf einer Lüge ruht, die so groß ist, dass seine Grundlagen unterminiert werden.

Kapitel 4, „Die Konstruktion von PTSD“, widmet sich der Geschichte der „post-traumatic stress disorder“. PTSD, das auf einmal während des Amerikanischen Bürgerkrieges da war, ist weniger ein medizinisches als ein kulturelles Phänomen. Es ist das Produkt einer Gesellschaft, die es toleriert und allzu oft auch fördert und abfeiert. Das passiert, weil die Vorstellung vorherrscht, dass der Krieg schlecht für die Seele sei und letzteres wird als fast unverrückbare Wahrheit gesehen; und teilweise weil die Angst vor Rechtsstreitigkeiten umgeht. Was auch immer die Ursache sein mag, es ist so weit gekommen, dass amerikanische Truppen, die aus Afghanistan zurückkehren, jetzt verpflichtet sind, eine jährliche PTSD Untersuchung über sich ergehen zu lassen. Anstatt ihre Helden zu feiern, behandelt die Gesellschaft sie wie beschädigte Güter und tut alles, um sie zu demütigen.

Kapitel 5 beschreibt das Aufkommen der modernen Gesellschaft, die, indem die Rechte erweitert, aber auf Pflichten vergisst, ziemlich nah dran ran gekommen ist, den Krieg an sich zu delegitimieren. Insbesondere in Europa ist der Einsatz von bewaffneten Streitkräften für irgendeinen Zweck, sei es auch zur Selbstverteidigung oder um Falsches zu korrigieren, fast zu einem vollständigen Tabu verkommen. Dass Soldaten Stolz oder auch nur Freude über ihre Profession ausdrücken, ist annähernd intolerierbar geworden.

Am Schluss erläutern wir nochmals gesammelt die Hauptprobleme. Wir zeigen auf, dass, wenn Donald Trump sein Versprechen, „das Militär wieder aufzubauen“ wahr machen will, er beide Hände voll zu tun haben wird.

Wie alle meine Bücher ist Pussycats (deutscher Titel: „Wir Weicheier“) so geschrieben, dass jeder verstehen kann, was ich meine. Gleichzeitig ist so dokumentiert, wie es sich der Akademiker wünschen würde. Nun, wackere Leser, riskiert einen Blick.

Wir Weicheier“ von Martin van Creveld, Graz 2017, 224 Seiten, Euro, 19,– 

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MARTIN VAN CREVELD, einer der führenden Militärhistoriker der Gegenwart, wurde 1946 in Holland geboren. Seit 1950 lebt er in Israel. Er studierte an der London School of Economics und an der Hebrew University in Jerusalem, wo er seit 1971 als Professor für Geschichte lehrt. Bücher u.a.: „Kampfkraft“, „Gesichter des Krieges“, „The Sword and the Olive“, „Aufgang und Untergang des Staates“,… Darüber hinaus ist er als militärischer Berater und Referent in der gesamten westlichen Welt tätig.

Martin van Creveld im Internet: www.martin-van-creveld.com

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