Ob es ein Verbrennungsmotor ist, ein Passagierdampfer oder andere komplexe oder weniger komplexe Gegenstände; Schnittmodelle haben einen besonderen Reiz, geben sie doch den Blick auf sonst verborgene Details frei. Bei Aus- und Weiterbildungen tragen diese Cutaway Modelle regelmäßig zum besseren Verständnis für Funktionszusammenhänge bei. Der Pistolenhersteller Glock bietet verschiedene Schnittmodelle an. Sammler oder andere Interessierte, die daraufhin freudestrahlend zum Bestelltelefon greifen möchten, werden enttäuscht: Die Schnittmodelle werden nur an Behörden vertrieben. Henning Hoffman von Akademie 0/500 nimmt sich ein Herz und zeigt euch dennoch am Schnittmodell wie eine Glock funktioniert:

Waffenrechtlich wird das Schnittmodell einer Glock als Schusswaffe behandelt. Das Griffstück ist voll funktionsfähig und somit ein wesentliches Waffenteil im Sinne des Waffengesetzes. Der Importeur RUAG Ammotec führt das Schnittmodell als Ganzes im Waffenbuch. Wodurch es komplett eintragungspflichtig ist. Ein Weiterverkauf in den Zivilmarkt ist untersagt. Dazu verpflichtet sich der Endabnehmer beim Erwerb.

Für die Schnittmodelle existiert ein eigener Nummernkreis. Derzeit mit den Buchstaben JQ. Jedes Glock Schnittmodell wird auftragsbezogen aus einer Glock Pistole gefertigt. Folgerichtig sind alle Einzelteile mit scharfen Waffen des gleichen Modells kompatibel und austauschbar. Scharfe Patronen werden im Schnittmodell ebenso zugeführt, wie in einer normalen Glock.

Der Hersteller gibt einen expliziten Hinweis darauf, dass das zu unterlassen sei; gesonderte Sicherheitsvorkehrungen in Form von Über- oder Mindermaßen besitzt das Schnittmodell aber nicht.

Der Schlagbolzen besitzt keine Spitze. Wodurch die Zündung einer Patrone zuverlässig verhindert wird

Lediglich der Schlagbolzen ist modifiziert und wird ohne Zündspitze geliefert. Das vorgestellte Schnittmodell gehört zur Gen. 4. Es verfügt also noch über den Sicherungsstift des Verriegelungsblocks und über eine Abzugsfeder, die auf Zug belastet wird.

In der Tat ist im Werkstattkurs der Lerneffekt, den dieses Schnittmodell ermöglicht außergewöhnlich. Insbesondere die Funktionsweise der drei unabhängig voneinander arbeitenden Sicherungen und das Zusammenspiel der Federn in einer Glock lassen sich durch die Sichtfenster beobachten.

Schussbereit: Schlagbolzenfeder teilvorgespannt. Schlagbolzensicherung aktiv (Normaler Tragezustand)

„Ich schlage meine Waffe leer ab, um die Federn zu entspannen.“, diese Aussage gehört zu den hartnäckigsten Mythen in der Schusswaffenszene und sie ist in mehrfacher Hinsicht grober Unfug. Grundsätzlich ermüden Federn nicht unter permanenter Spannung, sondern durch Gebrauch. Da alle modernen Gebrauchswaffen dafür konstruiert wurden, immer schussbereit geführt zu werden, erfüllen auch sämtliche verbaute Federn diese Zweckbestimmung. Der Anwender tut seiner Waffe also keinen „Gefallen“, indem er sie „leer abschlägt“. Die Lebenszeit der Waffe oder irgendeiner Feder verlängert sich dadurch auch nicht um die kleinste Einheit.

In Bezug auf Glock Pistolen werden dennoch gern die Schlagbolzenfeder und die Abzugsfeder genannt, die zu entspannen wären. Mit einem Blick ins Schnittmodell stellt sich die Situation jedoch anders dar.

Abgekrümmt: Schlagbolzen in vorderer Position. Schlagbolzensicherung deaktiviert

Glock Pistolen besitzen ein teilvorgespanntes Abzugssystem. Die Schlagbolzenfeder steht permanent unter Druckspannung; unabhängig vom Ladezustand der Waffe. Ein Entlasten der Schlagbolzenfeder ist nur möglich, wenn sie aus der Schlagbolzenbaugruppe ausgebaut werden würde. Aber nicht durch das Leerabschlagen der Waffe.

Schussbereit: Abzugsfeder bei einem gespannten Abzug

Bis einschließlich Gen. 4 ist in Glock Pistolen eine Abzugsfeder verbaut, die permanent unter Zugspannung steht. Diese Zugspannung erreicht beim Abkrümmvorgang ihr Maximum. Auch die Abzugsfeder ist nach einem Leerabschlagen nicht zu 100% entlastet.

Abgekrümmt: Die Abzugsfeder ist bei einem entspannten Abzug keineswegs völlig entlastet

Optional konnte die Abzugsfeder schon immer gegen den so genannten New-York-Trigger ausgetauscht werden. Die Feder in einem New-York-Trigger erfährt keine Zugspannung, sondern Druckspannung. Wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Reißens der Feder drastisch reduziert wird.

Die Schlagbolzensicherung bei einem gespannten Abzug

Eine Feder, die in der Betrachtung zum „Federn entspannen“ gern vernachlässigt wird, ist die Feder der Schlagbolzensicherung. Diese ist im Normalzustand immer nahezu entlastet, wodurch sie die Schlagbolzensicherung aktiviert.

Während des Abkrümmens deaktiviert die Nase der Abzugsstange die Schlagbolzensicherung

Erst beim Abkrümmen wird die Schlagbolzensicherung durch die Nase an der Abzugsstange nach oben gedrückt und damit deaktiviert. Die Feder wird dabei unter Druckspannung gesetzt.

Die Schlagbolzensicherung bei einem entspannten Abzug

Nach dem Schuss entlastet sich die Feder wieder indem die Schlagbolzensicherung aktiviert wird. Es sei denn, der Abzug bleibt, wie beim „Leerabschlagen“ unvermeidbar, in der hinteren Position. Dann steht die Feder der Schlagbolzensicherung weiterhin unter Druck.

Termine für Glock Werkstattkurse bei Akademie 0/500 in 2019:

  • 15. November in Ismaning
  • 6. Dezember in Schweinfurt
  • In Planung: Mitte September in Königs Wusterhausen

Die Termine der Akademie 0/500 im Internet: 0-500.org/Termine

Glock im Internet: www.glock.com

Die Waffenkultur im Internet: www.waffenkultur.com

Special THX an Henning Hoffmann (WAFFENKULTUR und AKADEMIE 0/500) für diesen Artikel.