Es gibt kaum mehr Spaß – als bespaßt werden. Dienstlich ist das schön und erfüllend. Richtig gut ist aber nur Selbstbespaßung: „Hurrican Heat“ heißt ein Format von Spartan Race (nicht verwandt mit uns), das in dem Fall 12 Stunden dauerte (kurz: HH12HR). Es fand am 11. Mai in Wiener Neustadt an der Theresianischen Militärakademie statt. Unsere Freunde von der dirtrun.company teilen sich mit uns diesen Erfahrungsbericht von Erich B.:

Da mein erklärtes Ziel für dieses Jahr die Endurance Trifecta ist, war für mich bereits Ende 2017 klar, dass ich auch irgendwann einen HH12HR zu absolvieren habe. Dafür bot sich der HH12HRAUT-002 geradezu an, weil er für mich – mit einer Anreisezeit von knapp 1,5 Stunden – sprichwörtlich vor der Haustür stattfindet. Im Jänner dieses Jahres habe ich den für die Teilnahme erforderlichen „kleinen Bruder“ (Hurricane Heat) im tschechischen Liberec absolviert und von da an stieg die Spannung fast täglich, was mich denn da nun an diesem Tag (bzw. der kommenden Nacht) in Wiener Neustadt erwarten würde.

Ein Sturm zieht auf – oder: „Wiener Neustadt hat doch keine Höhenmeter?!“

Der Tag X war angebrochen. Um ca. 17 Uhr erreichte ich die Theresianische Militärakademie (welche – wie wir später noch von Krypteia Gerd erfahren durften – die älteste ihrer Art weltweit ist. So, Bildungsauftrag auch erfüllt, weiter im Text…).

Bereits bei der Einfahrt zum Parkplatz wurde ich von Mike 1, Mike 2 und Mario (allesamt Mitglieder der union dirtrun.company) empfangen, welche dort brav ihre Volunteer-Tätigkeiten vollzogen. Schnell eingeparkt und eine Runde über das Festival-Gelände gedreht. Auf Grund des Special-Gear-List-Items „1m Abflussrohr“ waren bereits einige Teilnehmer des Hurricane Heats leicht zu erkennen. Am Festival-Gelände trieben sich schon eine Menge bekannter Gesichter herum. Ein bisschen Smaltalk hier, ein bisschen Smaltalk dort und dann ging es wieder zurück auf den Parkplatz um sich vorzubereiten.

Um ca. 18:30 Uhr trafen wir uns dann alle wieder voll ausgerüstet am Festival-Gelände. Unter den versammelten Hurricane Heat Teilnehmern waren auch bereits die Krypteia vertreten. In einem kurzen Gespräch mit Krypteia Mark kamen wir irgendwie auf das Gelände in und um Wr. Neustadt zu sprechen, wobei ich dann irgendwann mal erwähnte „Wiener Neustadt hat doch keine Höhenmeter“ … und es wurde totenstill, der Himmel verdunkelte sich und ein abartig-teuflisches Grinsen zog sich über Marks Gesicht … zu dem Zeitpunkt war mir die Bedeutung dieser Szene nicht klar, aber in den nächsten 12 Stunden sollte sich dieses Bild für immer in mein Gedächtnis einbrennen!

Lasset die Spiele beginnen!

Pünktlich um 19 Uhr wurde die Anwesenheit der Teilnehmer überprüft. Unter die insgesamt 77 Teilnehmer mischten sich dieses Mal auch 5 weibliche Kandidaten. Anschließend erfolgte der Gear-List-Check, wobei nur die Special-Items überprüft wurden. Gerd’s Aussage hierzu: „Wenn euch von der Basic-Gear-List etwas fehlt, dann habt ihr sowieso ein Problem …“

Da dies alles relativ flott ging, blieb uns dann ca. noch eine halbe Stunde Zeit bis 20 Uhr, die noch für die letzten aufbauenden Worte und Toilettengänge benutzt wurden. Pünktlich um 20 Uhr ging es dann los.

Erste Team-Aufgabe war es, das Alter aller Teilnehmer zu summieren. Klingt einfach, ist es aber nicht. Wir haben es zwar irgendwie zu einer Antwort geschafft, allerdings nicht zur richtigen, womit gleich mal die ersten Burpees für diese Nacht fällig wurden.

Anschließend starteten wir mit einer weiteren Aufgabe, bei der wir über die Nacht verteilt immer wieder unsere aktuellen Gedanken und Gefühle in einem Brief niederschreiben sollten. Nachdem wir hier das erste Kapitel abgeschlossen hatten, hieß es alles verpacken und … Schuhe ausziehen! WTF

Baren Fußes marschierten wir in das nahegelegene Freibad wo wir mit diversen Übungen (wie z.B. den eigens für uns kreierten Pipe – ein Burpee mit Pipe) erstmal richtig aufgewärmt wurden.Gleich danach hieß es ausziehen und ab zur nächsten Aufgabe in den Pool. Hier sollten wir mit allen unseren Rohren im Pool ein langes Rohr bilden, damit Gerd auf der einen Seite einen Tennisball reinwerfen konnte und dieser trocken am anderen Ende wieder ankommt. Die Gemeinheit hier war, dass der Pool an der seichtesten Stelle 1,80m tief war und somit fast niemand darin stehen konnte. Es hat uns einiges an Herumprobieren gekostet, aber irgendwie haben wir die Aufgabe schlussendlich dann doch hinbekommen.

Mittlerweile wurde es bereits dunkel, aber die Pool-Spiele waren noch nicht beendet. Als nächstes mussten wir unsere Rohre mit Wasser füllen und wasserdicht verschließen. Da mein Deckel gebrochen war musste ich gefühlte 2,7km Panzer-Tape um das Rohr wickeln, bis es endlich dicht war. Darauf hieß es dann wieder ab ins Wasser und für 15 Minuten im Kreis schwimmen, ohne den Rand zu berühren. Während dieser Zeit versenkten die Krypteia alle unsere Rohre im Pool. Nachdem wir die 15minütige Schwimmrunde beendet hatten, hatte jeder die Aufgabe, sein persönliches Rohr im Pool zu finden und rauszufischen.

Frisch gebadet hieß es dann wieder anziehen, alles zusammenpacken und Abmarsch mit vollem Gepäck und gut gefülltem Rohr. Es folgte ein längerer Marsch, bei dem wir das Rohr teils tragend, teils hinter uns herziehend, teils kriechend weiterbringen mussten, bis war an eine kleine Wiese mit zwei geparkten Heeresfahrzeugen (Pinzgauern) kamen.

Erster Timecut und Happy Burpee Christina

Nun wurde es Zeit für den ersten Timecut. Wir waren aktuell ca. 2,5km außerhalb der Militärakademie. Die Aufgabe war, zurück zur Militärakademie zu laufen, eine Kette vom bekannten Chain Carry zu schnappen, damit wieder so schnell wie möglich zurückzukommen und in den abgestellten Pinzgauern zu lagern. Das Ganze dankenswerterweise ohne Rucksack. Allerdings wurde uns die Zeit für den Timecut nicht bekanntgegeben, wodurch man genötigt ist, die ganze Strecke über alles zu geben.

Soweit ich das mitbekommen habe, hat den Timecut jeder geschafft. 2 männliche Mitglieder waren allerdings mit einer Frauen-Kette unterwegs, wobei die Krypteia uns dann die Entscheidung überließen, wie wir damit umgehen. Wir waren uns schnell einig, einige Burpees dafür in Kauf zu nehmen, damit die Beiden weiterhin beim Hurricane Heat verbleiben durften. Genauso wie eine weibliche Teilnehmerin, welche zwar den Timecut nicht geschafft hatte, aber auf Grund der nun fehlenden weiblichen Ketten mit einer männlichen Kette unterwegs war. Auch sie durfte weiter bei uns bleiben. Es ist allerdings dennoch ein Kandidat ausgeschieden, da während unserer Abwesenheit alle unsere Rucksäcke von den Krypteia gewogen wurden und dieser die Forderung des Mindestgewichts des Rucksacks (Männer 20kg, Frauen 15kg) nicht erfüllt hatte.

Nach einer kurzen Verschnaufpause (in der wir nun auch das Wasser aus unseren Rohren leeren durften) war es dann schon nach Mitternacht, was bedeutete, dass unsere liebe Christina bereits Geburtstag hatte und uns die Krypteia zum schon fast traditionellen „Happy Burpee Christina“ einluden (… wieder ein paar Burpees fällig).

Die Nacht ist noch jung

Nun ging es weiter in ein ausgetrocknetes Flussbett. Hier durften wir wieder einige Übungen vollziehen (Planks, Burpees, Crunches, Lunges, usw…). Entweder wollten uns damit die Krypteia nur vor Auskühlung bewahren, da es doch recht frisch war in der Nacht … oder Krypteia Mark wollte einfach nur seine sadistische Ader ausleben. Wir werden es wohl nie erfahren …

Unmittelbar darauf folgte die nächste Aufgabe. Wir wurden in vier Teams geteilt. Jedes Team nominierte einen „Flaschenhalter“, welcher eine auf dem Kopf stehende Plastikflasche (Boden war abgeschnitten, Deckel unten hatte ein Loch) mit etwas Wasser und einem Chemlight befüllt halten musste, während das restliche Team mit „Stamperl“ (Gefäß mit 2cl) bewaffnet über einen kleinen Hang laufend von einer Pfütze Wasser zur Flasche transportieren musste, bis diese komplett gefüllt war. War anfangs noch recht lustig, mit der Zeit wurde das ständige Hang rauf – Hang runter doch etwas anstrengend. Und zur Freude von Krypteia Mark kamen nun endlich ein paar Höhenmeter ins Spiel. Aber dazu später noch mehr.

Zweiter Timecut … Und Wiener Neustadt hat doch Höhenmeter!

Der folgende Marsch führte uns zum Mitterriegel, einem Berg im Rosaliengebirge mit ca. 530m Höhe. Da sich Wiener Neustadt auf ca. 250m befindet wartete somit ein knapp 300m-Aufstieg auf uns. Die Aufgabe war es allerdings, diesen Berg insgesamt 3(!) Mal zu bewältigen. Beim ersten Mal sollten wir den Berg mit Rucksack bezwingen, geführt von den Krypteia Stefan und Marco. Es war dunkel und der Weg war lediglich mit UV-Farbe gekennzeichnet (womit das Special-Item „UV Lampe“ jetzt auch einen Sinn ergab). Beim zweiten Mal mit Rucksack als Team, ohne Führung. Zudem sollte es oben am Gipfel einen Code zu merken geben, welcher unten am Fuße wiedergegeben werden sollte. Und der dritte Anstieg sollte zwar ohne Rucksack, dafür aber als zweiter und letzter Timecut für dieses Event herhalten – ebenfalls wieder mit Code zum Merken.

Wir begannen somit mit dem ersten Aufstieg und ca. nach der Hälfte hatte ich diesen Punkt erreicht. Ich sah nur noch Marks Gesicht mit dem abartig-teuflischen Grinsen vor mir. Und mit jedem Schritt brannte sich dieses Gesicht tiefer und tiefer in mein Gedächtnis. Ich dachte schon, der Berg würde nie enden. Irgendwie haben wir es bis oben geschafft, allerdings hat es mich sehr viel gekostet. Es musste nun ca. 3 Uhr gewesen sein und bei mir machte sich extreme Müdigkeit breit. Ich war an dem Punkt wo ich mir dachte, ich werde es auf keinen Fall noch zwei Mal auf diesen Berg schaffen. Das war’s vermutlich für mich … und Wiener Neustadt hat Höhenmeter!

Nachdem alle vollständig oben angekommen waren, ging es für das gesamte Team wieder runter zum Fuße des Berges. Unten angekommen gab es eine weitere Überraschung. Gerd meinte, er habe eine gute Nachricht für uns. Diese war, dass wir nur mehr einmal auf den Berg mussten und das ohne Rucksack. Das würde unser Timecut werden. Mir und vielen anderen war die Erleichterung wahrlich anzusehen. Dann kam aber das große Aber: Der Anstieg musste barfuß bewältigt werden! Ein Foto von den Gesichtern der Teilnehmer in genau dieser Sekunde wäre phänomenal gewesen! Offensichtlich konnte sich niemand so richtig vorstellen, wie er diesen Weg nach oben – über Waldwege, Äste, Nadeln und Wurzel, aber auch Schotterwege mit spitzen Steinen – barfuß bewältigen konnte. Aber es war auch niemand bereit, so kurz vor dem Ziel aufzugeben.

Ich weiß nicht genau, was dann mit mir passiert ist. Ich schätze mal, es war die Kraft der Verzweiflung, die mich dann den Berg hinauftrieb. Entgegen anfänglicher Zweifel lief es eigentlich sehr gut für mich und ich war dann noch mehr überrascht, als ich dann ca. als 6ter oben ankam. Schnell den Code eingeprägt (9519163152) ging es dann gleich wieder bergab. Mittlerweile wurde es auch wieder hell, was vermutlich für zusätzlichen Antrieb sorgte. Diese letzte Prüfung verging für mich wie im Fluge und da sich die ersten beiden Führenden irgendwie im Wald verirrt haben, und der erste Teilnehmer, der unten ankam, seinen Code nicht wusste, war ich nach unserem Stefan (an dieser Stelle nochmals Hut ab für diese grandiose Leistung!) der zweite, der inkl. Code unten ankam.

Für die Teilnehmer, die zwar innerhalb des Timecuts unten ankamen, aber ihren Code nicht wussten, hieß es zusätzlich 100 Burpees, um sich im Rennen zu halten. Aber ich denke, so kurz vor dem Ende nimmt man das gerne hin. Leider gab es diesmal aber auch einige, die den Timecut nicht schafften, was dazu führte, dass von den anfänglich 77 Teilnehmern nur mehr 58 dabei waren.

Eine Wildsau in Action beim Hurricane Heat

Nachdem alle unten angekommen waren und nach einer kurzen Verschnaufpause ging es für uns verbliebenen Kandidaten wieder zurück zu den Pinzgauern. Dort angekommen durften wir nochmal ein Kapitel in unseren Brief beschreiben und uns wurde die letzte Aufgabe aufgetragen. Diese war, mit unseren Seilen die beiden mit Ketten beladenen Pinzgauern zurück in die Militärakademie zu ziehen.Mit der Militärakademie in Sichtweite und der Aussicht, den HH12HRAUT-002 doch irgendwie überstanden zu haben, galt es für uns die letzten 2,5km mit Pinzgauer im Schlepptau zu bewältigen. Einen letzten, zusätzlichen Motivationsschub lieferte uns hier ein Dialog zwischen Krypteia Gerd und Stefan, welchen ich euch nicht vorenthalten möchte:

Gerd: „Stefan, hast du noch Kraft und kannst du in den Zielbereich laufen um alles herzurichten?“

Stefan: „I hob imma Kroft.“

Gerd: „Ok. Den Rucksack kannst du in den Pinzgauer legen.“

Stefan: „Den Rucksack nehm ich mit.“

Und deutend auf einen Jogger, der uns kurz zuvor überholt hatte und mittlerweile ein paar hundert Meter vor uns herlief legte Stefan noch nach: „… und den brenn i jetzt auf.“  Was er dann auch tatsächlich tat!

Dies zeigte uns einmal mehr, aus welchem Holz das Krypteia-Team geschnitzt ist und machte uns stolz, mit ihnen gemeinsam den HH12HRAUT-002 durchgezogen zu haben!

Alles hat ein Ende

In der Theresianischen Militärakademie angekommen, galt es für uns noch, die Pinzgauer zu entladen und das letzte Kapitel in unseren Brief zu schreiben.

Als krönenden Abschluss (und auch kleines Highlight für das doch sehr zahlreich anwesende Publikum) ließ es sich das Krypteia-Team nicht nehmen uns nochmals auf eine Runde „Happy Burpee Christina“ einzuladen.

FAZIT: Der HH12HRAUT-002 war mein erster zwölfstündiger Hurricane Heat und für mich persönlich ein absolutes Highlight. Es wurde im Vorfeld nicht zu viel versprochen und meine Erwartungen an dieses Event wurden mehr als erfüllt. Es war fordernd, aber nicht unmenschlich.

Man hat gemerkt, dass sich das Krypteia-Team vorab richtig Gedanken zu dem ganzen Event gemacht hat und sie mit vollem Herzblut hinter diesem Event standen. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an das gesamte Krypteia-Team Gerd, Stefan, Marco und Mark!

Gratulation hier auch an alle Teilnehmer und Finisher! Ich weiß, was ihr in dieser Nacht geleistet habt!

WE ARE THE STORM!! AROO!!

Fotos vom HH12HR Wr. Neustadt: hier

Bericht zum Winter HH Liberec: hier

SPARTAN RACE im Internet: www.spartanrace.de

Die DIRTRUN COMPANY im Internet: www.dirtrun.company

Ihr seid neugierig was Trifecta, OCR und Hurricane Heats überhaupt sind? Dann freut euch auf Teil 2 unserer Endurance Serie