Puma, Leoparden und Panther (wenn nicht im Keller) kommen stolz über die Ebene daher. Die Sandviper dagegen liegt am Boden und kann einen hundsgemeinen Biss haben. – Tiernamen haben im deutschsprachigen Bereich eine hohe Tradition bei der Benennung militärischer Fahrzeuge. SPARTANAT Autor Udo Lücken hat sich die „Sandviper“, das Einsatzfahrzeug des österreichischen Jagdkommandos, und seine Geschichte genau angeschaut.

Mit der „Sandviper“ wurde ein speziell auf Aufträge in trockenen Steppen- und Wüstenregionen zugeschnittenes Truppenfahrzeug angeschafft. Aufgrund eines Sofortbedarfs ist das Projekt vom Amt für Rüstung und Wehrtechnik in Rekordzeit von der Anforderungsbeschreibung über die Umbauplanung bis zur Einsatzreife und in enger Zusammenarbeit mit den Spezialkräften abgewickelt worden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: das auf dem bewährten Puch G 290 GD-Geländewagen der Steyr Daimler Puch AG basierende Fahrzeug hat die Bezeichnung Puch G 290/LP Special Operations Vehicle „Sandviper“.

Einsatz in Afrika
Die Beteiligung eines Kontingentes des österreichischen Jagdkommandos an der EU-Mission EUFOR Tchad/RCA in Zentralafrika, im Gebiet des Tschad 2007, stellte gleichzeitig die „Feuertaufe“ für dieses kleine, hochbewegliche und schwerbewaffnete Fahrzeug dar. Die „Sandviper“ ist dabei speziell auf die Anforderungen von Spezialeinsatzkräften abgestimmt. Sie ist im Schwerpunkt zur Verwendung als Patrouillenfahrzeug und schnelles Angriffsfahrzeug für Jagdkommando-Soldaten bestimmt.
Die Ingenieure der Entwicklergruppe legten folgende Parameter fest:

  • •    Hohe autonome Einsetzbarkeit (hohes Tank- und Trinkwasservolumen)
    •    Große Bewegungsfreiheit für die Besatzung im Fahrzeug
    •    Anzugsstarke Geländegängigkeit und ausreichende Tiefwatfähigkeit
    •    Anpassung der Ausstattung an die afrikanischen Klimabedingungen
    •    Leistungsstarke Selbstbergungsausstattung
    •    Waffenstationen zur Aufnahme feuerstarker Maschinenwaffen
    •    Hohe Durchhalte- und Überlebensfähigkeit für die Besatzung
    •    Höchststandard für die Funk- und Navigationselektronik
    •    Langfristige Lebensdauer für das Fahrzeug durch hochwertigste Materialien und Verarbeitung
    •    Hohes Maß an Unter- und Anbringungsmöglichkeiten für Zusatzausrüstung

Die Leistungsmerkmale dieses „Light Reconnaissance Vehicles“ definieren sich über die zugedachten Einsätze.

Mit einer Länge von 4,6 Metern, einer Breite (mit Staukästen) von 2,09 Metern und einer Höhe (mit Lafettenaufbau) von 2,3 Metern hat die „Sandviper“ eine kleine, unauffällige und eher flache Silhouette. Der 95 PS (70 kW) starke Steyr 5-Zylinder 4-Takt Diesel-Reihenmotor beschleunigt bei 4.000 U/min. das Basis-Fahrzeug (Leergewicht: 2.280 Kilogramm) auf der Straße bis zu 130 Stundenkilometer. Mit einem Tankvolumen (ohne Reservetanks) von 95 Litern ist damit ein Einsatzradius von bis zu 630 Kilometern möglich. Das zulässige Beladungsgewicht beträgt nach einer Verstärkung der Achsenschenkel zwar 3.150 Kilogramm, wird aber im Einsatz dennoch oft überschritten. Die drei Soldaten umfassende Fahrzeugbesatzung besteht aus Fahrer, Beifahrer (Truppführer und Navigator) und Sicherer/Waffenbediener. Mit seinem zugeschalteten Allradantrieb besitzt der Puch eine Steigfähigkeit von beacht­lichen 70 Prozent und eine Tiefwatfähigkeit von 50 Zentimetern.

Schutz vor Steinschlag
Der Fahrer wird durch eine einklappbare Lexan-Frontscheibe wirkungsvoll vor Steinschlag geschützt. Damit ist die „Sandviper“ gut an die Einsatzbedingungen in den anspruchsvollen Regionen wie Afghanistan und Zentralafrika angepasst.

Um den Soldaten des Jagdkommandos mehr Be­wegungsfreiheit in den Fahrzeugen zu geben, sind die Seiten- und Hecktüren, sowie die Rückbank weggelassen worden. Gleichzeitig wird dadurch Gewicht eingespart, was der Zuladekapazität zugutekommt. Der gesamte Planenaufbau des Daches ist der Sitzfläche des Waffen­bedieners (Klappsitzsystem des „ULAN“) und der Waffenlafette gewichen. Was oberflächlich betrachtet puristisch anmutet, ist bei näherem hinsehen ein durchdachtes und zweckmäßiges Aufbaukonzept. Anbauteile, die nicht dem neuen Einsatzsystem dienten, wurden entfernt und durch andere Module ausgetauscht. Im Heck ist ein Spannungswandler und Kompressor staub- und regensicher für die Versorgung der Zusatzaggregate angebracht. Die sehr wertvollen Einsatzerfahrungen des Jagdkommandos sind 1 : 1 in dem Fahrzeug aufgegangen. So gibt es zum Beispiel einen Schalter, der die gesamte sichtbare Abstrahlung der Fahrzeugelektrik bei Gefechtsbetrieb in einen Tarnmodus umschaltet. Das Fahrzeug bestrahlt dann das Vorfeld mit seinen zwei Infrarot-Scheinwerfern, während der Fahrer sein Umfeld durch die Nachtsichtbrille LUCIE beobachtet.

Für das Fahren in Wüstenregionen kommen grobspo­rige „Goodrich Mud Terrain“-Reifen zur Verwendung. Diese sind mit dem synthetischen Dichtmittel „Air Seal“ aufgefüllt und ermöglichen auch bei Durchschüssen mit großen Kalibern eine Notlauffähigkeit bis zu 80 Kilo­metern. Für die Selbstbergung des Fahrzeuges stehen der Besatzung hochreißfeste Bergeschlaufen, Luftlande­bleche, spezielle Sandschaufeln und ein Wagenheber für sandigen Untergrund zur Verfügung. Bei der Kommunikation wird wegen der häufig großen Entfernungen viel Wert auf moderne Funkgeräte (TFF 1-0) und Intercom-Anlagen (VIC-3) gelegt.

Selbstverteidigung und Angriff
Als Bewaffnung für die Selbstverteidigung, aber auch für den Angriff, erhielt die „Sandviper“ zwei MG 74 (MG 3 von Rheinmetall) im Kaliber 7,62 x 51 mm. Das knapp zwölf Kilogramm schwere MG verschießt mit einer gedrosselten Kadenz von 850 Schuß/min. Vollmantel­geschosse bis zu 3.750 Meter weit. Das erste MG 74 ist vor dem rechts sitzenden Truppführer auf einer flexiblen und schwenkbaren Aufnahme in Fahrtrichtung montiert. Es ist abnehmbar und ohne Umbau als Gruppenwaffe einsetzbar. Die zweite Waffe ist in die Drehringlafette (aus dem Jagdpanzer „Jaguar“) hinter dem Fahrer arretiert. Sie ist um 360 Grad schwenkbar und wird durch den Sicherer bedient. Durch den seitlich montierten Gurtkasten sind ständig 250 Schuß an der Waffe.

Insgesamt sind über 2.000 Schuß Munition je Fahrzeug auf­gegurtet in Staufächern bevorratet und geben dem Fahrzeug eine große Feuerkraft. Die Visiereinrichtung der MG 74 ist mit einem „Aimpoint“-Reflexvisier und einem Laser-Licht-Modul kampfwertgesteigert worden. Ein zusätzlicher Infrarot-Laser an der Waffe und die Einbindung der LUCIE-Brille machen den Puch „Sandviper“ voll nachtkampffähig.

Auf Anregung der Jagdkommando-Soldaten kann statt eines zweiten MG 74 das überschwere MG M2 im Kaliber 12,7 mm auf der stabileren Lafette des Schützenpanzers A1 „Saurer“ auf die „Sandviper“ montiert werden. Dieses 38 Kilogramm schwere Maschinengewehr soll Ziele jenseits der 1.000 Meter-Grenze bzw. leicht gepanzerte Ziele bekämpfen. Diese Waffe ist auf ihrer Lafette gleichfalls um 360 Grad schwenkbar. Am Fahrzeug werden 500 Schuß in je 100-Schuß-Kästen mitgeführt. Die Fahrzeugversion mit zwei MG 74 wird als „Sandviper I“, die mit einem MG 74 und dem schweren M2 wird als „Sandviper II“ bezeichnet. Es wird auch schon über die Verwendung einer schlagkräf­tigen 40 mm-Granatmaschinenwaffe nach­gedacht.

Lufttransportfähig
Der Puch „Sandviper“ ist aufgrund seiner Maße leicht in einer C-130 Hercules, einer C-160 Transall oder sogar als Außenlast unter einem S-70A „Black Hawk“ lufttransportfähig. Dies erlaubt eine schnelle Verlegung, um auf unerwartet, sich verändernde oder gar zuspitzende Situationen in den Einsatzgebieten zu reagieren. Mit Erfolg:
Die Puch „Sandviper“ erwiesen sich in den fordernden Einsätzen des Jagdkommandos als echtes „Arbeitstier“. Die Richtigkeit des Konzeptes stellte sich mehrfach unter Beweis.

Fotos: BMLV