Medien in der ganzen Welt berichten aufgeregt über den Islamischen Staat (IS) und seinen Kalifen, bezeichnen al-Baghdadi als den neuen Bin Laden, benennen ihn als Menschheitsfeind Nummer 1, das personifizierte Böse des 21. Jahrhunderts. Das wahre Problem ist allerdings: es gibt keinen al-Bagdhadi. Die meisten Medienberichte bestätigen sich gegenseitig und zitieren im Zirkel. Was man wirklich über diesen Mann weiß, ist bestenfalls wage – HIER eine Zusammenfassung des Gewussten).  Dieser Artikel von Jack Murphy, Mitherausgeber von SOFREP.com, entwickelt die alternative Idee, dass es sich bei al-Baghdadi nicht um ein reales menschliches Individuum  handele, sondern um eine Art „unsterblicher Idee“.

Noch zu jenen Zeiten, als Spezialkräfte im Irak nächtliche Raids durchführten, wurden einige Individuen aufgegriffen, weil sie ein Terroristenführer namens „al-Baghdadi“ sein sollten, aber es erwies sich jedes mal als falsche Unterstellung, kaum mehr wert als ein Gerücht in der Wüstennacht. Die Kommandanten berichteten also über Fehlgriffe und erklärten, dass sie den falschen Mann festgenommen hätten, dass sie aber weiter ihre Augen offen halten würden. Es wurde allerdings nie der Schluss gezogen, dass es sich bei dieser Person mehr um einen Mythos als um einen echten Menschen handeln könnte. Doch während HUMINT Quellen fröhlich über al-Baghdadi plapperten, gab es nie irgendwelche SIGINT oder andere technischen Quellen, die seine Existenz bestätigt hätten.
Das Ganze erinnert stark an das mysteriöse „al-Qaida Handbuch”, das es angeblich in Afghanistan gegeben haben soll und dem einige SOF Einheiten hinterhergehetzt sind. Wie Red Mercury
war es ein Märchen, möglicherweise von lokalen Quellen in die Welt gesetzt, die mit ihren Informationen recht gut Geld verdient haben.

Al-Baghdadi jedenfalls ist ein Mann ohne Gesichte, seine Existenz wurde von dritter Seite nie verifiziert. Es gab keine Evidenz, dass überhaupt jemand mit seinem Namen gelebt hat, bis er heuer in einer Moschee in Mosul plötzlich auftauchte. „Al-Baghdadi“ besteht wahrscheinlich aus mehreren verschiedenen Personen, von denen manche am Leben, andere tot sind, die alle diesen Namen getragen haben und als Aushängeschilder für den Islamischen Staat im Irak und dann für ISIS gehandelt haben. Das Konzept, Doppelgänger zum Einsatz zu bringen, ist eine Taktik die zum Beispiel der Baath Partei geholfen hat, Saddam Hussein während des Krieges 2003 zu schützen. Sie hatten Saddam-Doubles quer durch das ganze Land.

Das führt uns zur Frage, wir real im ISIS das Sagen hat. Wer lässt die Puppen wirklich tanzen? Izzat Ibrahim al-Douri ist ein Überlebender. Er war einer der ältesten Verantwortlichen in der Baath Partei unter Saddam und konnte der Gefangennahme entgehen und nach Syrien entfliehen. Nach Saddams Hinrichtung war er die neue Nummer 1 und immer ein Stachel in der Flanke der Koalitionskräfte im Irak, da er die Aufständischen unterstützte. Al-Douri kann auf eine lange Geschichte als militärischer Kommandant und politischer Führer verweisen. Auf seine alten Tage ist er jemand, der die Erfahrung hat, eine jüngere Generation von Aufständischen zu protegieren und zu beraten.

Viel wurde darüber spekuliert, warum irakische Militär- und Polizeikräfte so rasch ihre Posten verließen, wenn ISIS im Anmarsch war. Die irakischen Kräfte waren numerisch in der Überzahl, sie hatten auch den Heimvorteil. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass al-Douri seine Beziehung aus der Zeit der Baath Partei dazu verwendet hat, um etwa bei den führenden Offizieren in Mosul zu intervenieren und so den Weg für die ISIS Invasion frei zu machen.

Ein anderer Trumpf, der frei durch Syrien läuft, ist der bekannte Abu Musaf al-Suri. Er wurde wegen seiner Verbindungen zu den Zugattentaten in Madrid 2004 und den U-Bahn-Attacken in London 2005 gesucht. Al-Suri wird auch verdächtigt, dass er mit im Spiel war bei den 9/11 Attacken, er führte mehrere Terroristentrainingscamps in Afghanistan für Bin Laden. Er wurde gefangen genommen und nach Syrien verbracht. Das Assad Regime hat ihn dort 2012 auf freien Fuss gesetzt – um der USA eine Warnung zukommen zu lassen. Al-Suri ist auch jener Terrorist, der den Dschihad als eine offene Front bestimmt hat, der sich jeder anschließen kann (Anm.: von ihm stammt eines der wichtigsten Bücher der dschihadistischen Literatur, Titel „Der Ruf zum globalen Heiligen Krieg“).

Was sich wirklich abspielt, ist schwer zu bestimmen. Chaos und Verwirrung erfüllt Schlachtfelder, das ergibt ein Durcheinander, das selbst für die besten nachrichtendienstlichen Professionalisten schwer aufzulösen ist. Wir sollten uns aber al-Suri und al-Douri als mögliche Führungszelle für IS mit mehr Wahrscheinlichkeit anschauen, als den „mythischen“ al-Baghdadi. Die Gerüchte über mysteriöse Finanziers in Qatar und den Vereinigten Arabischen Emiraten müssen ebenfalls geklärt werden.

Letztendlich ist es durchaus möglich mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass al-Baghdadi nichts anderes ist als eine Reihe ständig wechselnder Charaktere, eine Serie von Trugbildern und Verwechslungen. Al-Baghdadi ist kein Terroristenführer, sondern wahrscheinlicher etwas, das in der Science Fiction Literatur „Stand Alone Complex“ genannt wird. Eine Kopie, die nie ein Original hatte. Seine Wahrnehmung arbeitet in zwei Richtungen: Sie festigt islamistische Extremisten, die es nicht besser wissen, und ängstigt die Öffentlichkeit rund um den Globus durch die Hypes der großen Mediennetzwerke.

JACK MURPHY  hat in der 5th Special Forces Group gedient und war unter anderem im Irak und in Afghanistan im Einsatz. Seit er 2010 die Armee verlassen hat, studiert er an der Columbia University Politikwissenschaft. Jack Murphy ist Managing Editor bei SOFREP.COM.