Vor gut einem Jahr hat NEXTORCH den elektronischen Irritationskörper Nextorch ND20 als elektronische Alternative zur pyrotechnischen Flashbang auf den Markt gebracht – wir haben HIER darüber berichtet. Unsere Freunde von CriseConsult haben das Gerät zwischenzeitlich umfassend in der Praxis getestet.

Entwickelt wurden Flashbangs in den frühen 1970er Jahren vom britischen Special Air Service Regiment (SAS). Heute gehören Flashbangs, auch Sound- & Flash Grenades oder Blendgranaten genannt, zu den Standard-Einsatzmitteln von Spezialkräften. Flashbangs sind pyrotechnische Einsatzmittel, die eine sogenannte Startle Response, eine Schreckreaktion, auslösen sollen.

BTV-Flashbang MK13 von Rheinmetall

Neben den unbestrittenen Vorteilen bieten die konventionellen Flashbangs jedoch auch einzelne Nachteile: Durch Handhabungsfehler kann es über seitliche Austrittsöffnungen zu Verletzungen des Anwenders kommen. Allerdings gibt es Modelle mit Bottom-Top-Venting-Design (BTV), bei denen die Austrittsöffnungen oben und unten angesiedelt sind, das ist ein Sicherheitsgewinn. Auch ist der Einsatz der konventionellen Flashbangs nicht in jeder Umgebung möglich, beispielsweise dort, wo brennbare Stoffe ausgetreten sind. Zudem ist das Training mit ihnen vergleichsweise teuer und verlangt aufgrund der verbauten Pyrotechnik nach entsprechenden Qualifikationen der Anwender.

Nicht zuletzt aus diesen Gründen hat Nextorch als Alternative zu den pyrotechnischen Flashbangs einen elektronischen Irritationskörper auf den Markt gebracht, den „ND20“.

Der zylindrische Körper erzeugt einen schrillen Ton, der laut Herstellerangaben bei 100 Dezibel (dB) Schalldruck liegen soll und damit unterhalb der Schmerzschwelle liegt, die bei rund 120 dB beginnt. Zum Vergleich: Die BTV-Flashbang MK13 von Rheinmetall löst mit rund 180 Dezibel aus. Die im ND20 verbauten 36 Hochleistungs-LED erzeugen stroboskopartige Blitze mit 8.000 Lumen.

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In diesem Video, das wir gefunden haben, ist der Effekt zu sehen und hören.

Technische Daten (Herstellerangaben)

  • Gewicht: rund 390 Gramm
  • Abmessungen: 147 mm x 72 mm
  • Lichtstärke: 8.000 Lumen aus 36 Hochleistungs-LED
  • Lautstärke: 100 dB
  • Gehäuse: Aluminium, Polycarbonat, Gummi (Anti-Roll)
  • Stoßfest bis 2 Meter Fallhöhe
  • Schutzklasse: IPX4 (Spritzwasser)
  • Auslöseverzögerung: 1, 2 und 3 Sekunden
  • Auslösedauer: 3, 6 und 12 Sekunden

Elektronischer Irritationskörper

Der im Gerät verbaute Akku wird über einen USB-C-Eingang geladen. Die Auslösung erfolgt über einen Push-Release-Button, der auch mit Handschuhen noch gut bedient werden kann: Lässt man den Taster los, löst das Gerät je nach eingestellter Verzögerungszeit für eine Laufzeit von bis zu zwölf Sekunden aus. Der Schalter ist vom Gehäuse umgeben, so dass eine unbeabsichtigte Betätigung weitgehend verhindert werden sollte

NEXTORCH sieht den Irritationskörper einerseits als Trainingsmittel. Andererseits bewirbt das Unternehmen sein Produkt damit, dass es „in feuergefährlichen Umgebungen wie an Tankstellen, auf Schiffen, Chemielagern oder bei Bedrohungslagen, bei denen der Täter beispielsweise brennbare Flüssigkeiten ausgebracht hat, eine Ergänzung zur Flashbang“ sei. Was auf den ersten Blick schlüssig klingt: Bei den überwiegenden Einsatzszenarien stellt sich die beschriebene Problematik nicht oder wird anders gelöst. Als Vorteil der elektronischen Lösung wird zudem die Wiederverwendbarkeit sowie die Ungefährlichkeit für Anwender genannt.

Lieferumfang

Zum Lieferumfang des Geräts gehört eine Nylon-Tasche mit Gürtelclip. Der Klettverschluss steht allerdings im Widerspruch zur Geräuschdisziplin einer realen Einsatzsituation: Wenn bereits das Öffnen der Bereitschaftstasche das Überraschungsmoment zunichte macht, ist das dem Einsatzzweck des Irritationskörpers nicht dienlich.

Der Irritationskörper macht einen hochwertigen Eindruck. Das Gerät ist robust konstruiert und hat unzählige Trainingswürfe überstanden. Allerdings zeigen sich dann auch deutliche und scharfkantige Nutzungsspuren an den beiden Enden des Gerätes, die aus Aluminium bestehen.

FAZIT: Als Einsatzmittel taugt das ND20 unserer Meinung nach trotzdem nicht. Die Effekte reichen nicht annähernd an die Wirkung der pyrotechnischen Mittel heran – zumal bei Tätern, deren Wahrnehmung durch Stress, Drogen- oder Alkoholeinfluss eingeschränkt ist. Auch darf bezweifelt werden, dass Anwender aus dem behördlichen oder militärischen Bereich die Wurfkörper zusätzlich zu den konventionellen Flashbangs mit sich führen, um eine mutmaßliche Fähigkeitslücke zu füllen. Es scheint jedenfalls nicht so, als hätte sich der Nextorch-Irritationskörper ernsthaft bei behördlichen Anwendern in Deutschland durchsetzen können. Eckhard Niebergall, Vorsitzender der „Polizeitrainer in Deutschland“ (PiD) drückt es so aus: „Die Bedarfsträger entscheiden über den Einsatzwert.“

Auch über den Nutzen als Trainings-Device kann man unterschiedlicher Meinung sein. Wenn es hingegen darum geht, beispielsweise im Schießtraining und insbesondere im Bereich „Low-Light-Environment“ Stress auslösende Reize zu schaffen: Dafür ist das ND20 sehr gut zu gebrauchen und jenseits von fest verbauten Beschallungsanlagen und Stroboskop-Beleuchtungen zudem schnell verfügbar.

Vielen Dank an Torsten von CriseConsult für dieses Review!

Erhältlich ist der NEXTORCH ND20 Irritationskörper ausschließlich für Behörden für 349,00 EURO.

NEXTORCH Deutschland im Internet