„Wie weit ist das entfernt?“ Dass ist – neben „Woher kommen und wohin gehen wir“ – wohl eine der grundlegenden menschlichen Fragen. Auch Wndsn aus Berlin hat sich diese Frage eines Tages einmal gestellt und es hat sich ihm ein Kosmos von antikem Wissen, das immer noch seine Gültigkeit hat, aufgetan. Moderne Fertigungstechnologie gepaart mit altem Wissen. Das sind seine Quadrant Telemeter, mit denen die Berechnung von Entfernungen zum Kinderspiel wird. Wir haben ihn zum Interview gebeten.

SPARTANAT: Viele fragen sich was bedeutet „Wndsn“ und wofür steht es?

Wndsn: Windson ist der Sohn des Windes, der Nordwind, eine Hommage an den hohen Norden und meine Vorfahren. Der Autor der Handbücher heißt Filiusventi, die Latinisierung von Wndsn ist angelehnt an die Praxis der Renaissancewissenschaftler ihre Namen ins Lateinische zu übersetzen.

SPARTANAT: Deine Produkte sind sehr mathematiklastig. Wie bist du darauf gekommen solche Vermessungsinstrumente zu entwerfen und vor allem, wie und woher hast du dir das Wissen dazu angeeignet?

Wndsn: Mein Interesse begann vor ungefähr 10 Jahren mit der Idee grobe Schätzungen zu optimieren und daraus resultierenden Forschungen zu bewährten Daumenregeln. Als ich zum ersten Mal auf den Kamal (ein antikes, astronimisches Navigationsgerät)  stieß, der durch seine Einfachheit und die Verwendung von Knoten als Skalen fasziniert. Vor ungefähr sechs Jahren begann ich erneut mit dem Konzept zu experimentieren und entwickelte ein Instrument, das eine Skala am Rand des Kamal und ein Nomogramm hinzufügt, um die Entfernung eines Objekts mit Hilfe einer Schnur direkt graphisch zu berechnen. Ich fing an, das Gerät zu produzieren mit dem Ziel, Zusammenhänge in der physischen Welt zu demonstrieren. Bald begannen andere es für den Unterricht in der Landnavigation zu verwenden. Bogenschützen und Jäger nutzen es zur Entfernungsmessung. Später fügte ich einen einfachen Quadranten auf der Rückseite hinzu und meine Kunden haben seitdem immer neue Einsatzbereiche gefunden.

Der ursprüngliche Telemeter kombiniert verschiedene antike Techniken und fügt Neues hinzu. Außerdem ist er benutzerfreundlich im Vergleich zu jeder anderen Low-Tech-Methode. Die später hinzugefügte Quadrantenrückseite, basierend auf noch antikeren Vorlagen, vervollständigt das Toolset mit erstaunlichen Funktionen.

In meinen Studien habe ich alles gelesen, was ich über Astrolabien und die verschiedenen Quadranten finden konnte, interessanterweise wurde meine Forschung oft eingeschränkt durch das Fehlen von Büchern und Materialien, auf die in Bibliographien verwiesen wurde. Das deutsch- und englischsprachige Internet bietet nur einen winzigen Ausschnitt und enthält bei weitem nicht alles Wissen dieser Welt, ein Großteil befindet sich in Bibliotheken, oftmals ungelesen und nur in Originalsprachen verfügbar. Ich habe aber das Glück gehabt, einige Koryphäen auf dem Gebiet ausfindig zu machen und von ihnen zu lernen.

SPARTANAT: Seit wann machst du Wndsn?

Wndsn: Seit 2014 kennt man mich unter dem Namen Wndsn. Das erste Telemeter-Handbuch habe ich 2017 auf englisch geschrieben, die deutsche Version 2019, was mir maßgeblich den deutschsprachigen Markt eröffnet hat.

SPARTANAT: Was war dein erstes Vermessungsinstrument?

Wndsn: Der erste Telemeter war ein stabförmiger Entfernungsmesser mit einer logarithmischen MIL-Teilung, schwer zu produzieren, existiert nur als Prototyp, aber vielleicht wird ja in der Zukunft einmal ein Serienmodell daraus.

SPARTANAT: Bekommst du Anfragen für spezialisierte Produkte? Wenn ja, was war am schwierigsten zum Umsetzen?

Wndsn: Ich entwickle in letzter Zeit relativ viele spezielle Telemeter nach Kundenwunsch, meistens mit benutzerdefinierten Skalen, oder mit Markierungen bei besonderen Werten oder für bestimmte Reichweiten. Der Nato-MIL Telemeter ging aus solch einem Auftrag hervor.

Am schwierigsten umzusetzen sind immer weitergehende Miniaturisierungen, mehr Inhalte auf kleinstem Raum, aber das sind natürlich auch immer interessante Herausforderungen für optimierte Skalen, die dann wieder den Hauptprodukten, die ich ständig weiter entwickle, zugute kommen. Sehr aufwendig sind Dokumentationen und Anleitungen, um Funktionen dem Endnutzer zu erklären.

SPARTANAT: Wohin wurden deine Produkte schon verschickt und verwendet?

Wndsn: Die Mehrzahl meiner Produkte gehen ins Ausland, ein Großteil in die USA, dort oftmals an Ausbilder und illustre Benutzergruppen zwischen Quantico und Coronado. Wir versenden aber auch per Feldpost und viel an APOs. Wir haben Kunden in über 100 Ländern, überall dort, wo Englisch und Deutsch gesprochen wird, sämtliche Dokumentation gibt es jeweils auf Englisch und mittlerweile auch auf Deutsch.

SPARTANAT: Was sind deine Lieblingsfunktionen am Telemeter?

Wndsn: Erst kürzlich konnte ich meiner Tochter, die gerade ihr Abitur macht, einige Konzepte der Differentialgleichung mit Steigung und Tangente an meinem Quadranten zeigen und die Trigonometrie auf eine Weise visualisieren, die sie und ihre Mitschüler noch nie zuvor gesehen hatten.

Mein Lieblingstelemeter ist im Moment die High-Viz Version , weißes Sandwich-Acryl mit schwarzen Skalen für genaues Ablesen auch bei schlechtem Licht.

Ich benutze den Quadranten als „Taschenrechner“ und als Denkwerkzeug, er ist in der Tat ein graphischer Computer. Man kann einen Quadranten sogar zum Bau einer Sonnenuhr nutzen. Vor kurzem habe ich  mit einer Büroklammer und Quadranten zur Sonnenuhr umfunktioniert . Das Spannende dabei ist, dass alle notwendigen Berechnungen auf dem Instrument selbst ausgeführt werden können. Und das ist meine Lieblingsfunktion, die Vielseitigkeit und dass man immer neue Anwendungen finden und sofort umsetzen kann. Das ideale Werkzeug also, um sich in Quarantäne sinnvoll zu beschäftigen.

Wir haben auch eine monatliche Challenge im Newsletter mit jeweils neuen Aufgaben und Übungen, die immer wieder zu interessanten Ergebnissen führen.

WNDSN im Internet: wndsn.com