Körperliche Konflikte und gewalttätige Auseinandersetzungen gehören für viele Polizisten zum täglichen Brot. Ralf Schmidt ist seit 1980 selbst Polizist, sowie auch Einsatztrainer und in diesem Buch hat er seine Erfahrungen zusammengetragen.

Was das Buch nicht ist: es will keine Kampftechniken vermitteln (was Bücher ohnedies nicht können), es ist auch keine tiefenpsychische Analyse à la Lydia Benecke um Gewalttäter zu entschuldigen. Es ist mehr ein Versuch eines Überblicks und einer Einführung in das Thema der interpersonellen körperlichen Gewalt, und zwar gottlob nicht auf einer realitätsfernen akademischen, sondern auf einer durchaus gebildeten und erfahrungsrobusten, praktischen Ebene.

In diesem Buch geht es um die Sache „Der Nasenkamm brach auf. Was ist das? Blut! Blut schoss aus seiner Nase. Ein Gefühl wie im Rausch! … Fight! Nachsetzen. Er durfte sich nicht mehr erholen. … als ich spürte ihn zu bezwingen, wurde ich von einem starken Glücksgefühl durchströmt. Erhabenheit. Stolz. Überlegenheit. Hatte ich Gewissensbisse? Nein! Moralische Bedenken? Keine!“ (Zitiert nach: Schubert, 2010, Gewalt ist eine Lösung – morgens Polizist, abends Hooligan, Riva Verlag, München). Wer nun allerdings hofft ein deutsches Äquivalent zu „Animal“ Marc MacYoung gefunden zu haben wird –zumindest in sprachlicher Hinsicht enttäuscht werden. Schmidts Ausführungen sind alle in einem sehr korrekten, zitierfreundlichen sanft behördenverdeutschten Stil gehalten. Dennoch verschönert er auch nichts.

Auch wenn die verwendeten „Straßenphotos“ wohl nicht mehr ganz der Zeit entsprechen und die „aufrüttelnden“ Bilder derlei verpixelt sind, daß sie eben dies nicht mehr vermögen, so macht eben genau dieser Aufbau dieses Werk für einige Zielgruppen besonders interessant. Nämlich Personenkreise, die fernab der Straßenrealität leben und arbeiten, aber nun doch merken dass ihnen diese unbekannte Wirklichkeit Tag für Tag näher rückt.

Schmidt beschreibt erst einmal die Lage auf der Straße, so wie sie ist, und nicht wie Politiker sie gerne hätten. Man erhält über reale Situationsbeispiele einen guten ersten Einblick in seine Arbeitswelt und die seiner Kollegen. Aus diesem breiten Fundus entwickelt er Folgerungen für die eigene geistige Einstellung, dem viel diskutiertem Einsatz der Schusswaffe, und dem hierzulande leider gar nicht beachteten „off duty“ Einsatz.

Das Buch ist eine klare Leseempfehlung für Beamte im aktiven Außendienst, da sie sich hier ganz gut wieder finden werden, auch was Kritik/Mängel an Ausbildung und gesetzlicher Rückendeckung betrifft, als wohl als absolute Pflichtlektüre zum Einstieg in die Materie der Gewalt für Anwälte, Schöffen und Richter.

Für jene die bereits über ein solides Grundwissen in diesem Bereich verfügen dürfte der Erkenntnisgewinn zwar nicht bahnbrechend sein (gut zu lesen ist es trotzdem), aber die Güte der verwendeten Quellenliteratur weiß zu überzeugen und macht es einem schmackhaft mehr zu erfahren. Von besonderem Mehrwert ist das Buch in didaktischer Natur für Ausbilder, Einsatztrainer und Übungsleiter. Auch hier merkt man die Professionalität des Autors. Somit gibt es eine klare Leseempfehlung.

FAZIT: Ein knapp 160 Seiten starkes Büchlein, welches sich anbietet für Leute an Entscheidungsstellen, die aber postenbedingt zu wenig Empirie aufweisen können um das reale Geschehen der Gewalt um und gegen Exekutivbeamte ernstlich verstehen zu können. Sehr gut auch für Einsteiger und Interessierte, die ein tieferes Verständnis aufbauen wollen.

Das Phänomen Zweikampf: Wer gewinnt eine Körperliche Auseinandersetzung und wer setzt sich in einer Konfrontation mit Waffen durch?“ von Ralf Schmidt, K. Sa. Verlag, Nürnberg 2017, 160 Seiten, Euro 10,90

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