Lange Sommerabende verleiten zur Lektüre, am Dach vielleicht, mit einem Glas Rotwein, wenn man die Zeit hat und die Muse. Der Kiosk gibt im Moment ein Heft her, wo dem militärgeschichtlich Interessiertem sofort das Eiserne Kreuz gerade ins Auge springt. ZEITGeschichte, das Themenheft zur Geschichte von der Zeitung „Die Zeit“ versucht sich am feldgrauen Teil der deutschen Geschichte.

Nun ist das kein kleines Thema, das im Magazinstil auf gut 100 Seiten abgearbeitet werden will. Drei Helme treffen da den Nerv der Nation und rechts ist der ganze Inhalt zu sehen. Je Epoche ist das Ganze auch mit Feldpostbriefen illustriert.

Die Historikern Ute Frevert, die ein sehr gutes Buch zur deutschen Militärgeschichte verfasst hat, darf das Heft einleiten. Und ja, prägnanter geht kaum. Das Eiserne Kreuz, gestiftet 1813 und bis heute als Hoheitsabzeichen der Bundeswehr erhalten, steht symbolisch für alles. Und natürlich ist Militär jeweils das Gewaltinstrument eines Staates, „ultima ratio“, wie es seinerzeit auf den Kanonenrohren des Alten Fritz gegossen war.

Deutsche Militärgeschichte ist ein schwieriges Kapitel, weil sie stets dazu führt, aus der Geschichte ein Verbrecheralbum zu machen. Aber jenseits der vielen Soldaten, die „ihre Pflicht erfüllten“, wie sehr oder wenig sie auch mit den Ideologien der verschiedenen Epochen beleckt waren, ragen doch immer wieder Gestalten heraus. Nur um Namen fallen zu lassen: Clausewitz, Scharnhorst, Stauffenberg …

Im 19. Jahrhundert wurde die Wehrpflicht eingeführt, die Vorurteile von damals haben recht viel mit denen von heute gleich. In Deutschland ist die Wehrpflicht gegenwärig ausgesetzt, „Dienen“ ist nicht sehr modern. Und doch stellt der Staat gerade fest, dass es nur mit Angestellten nicht zu gehen scheint. Die Debatte um eine neue Wehrpflicht läuft gerade los.

Der „deutsche Militarismus“ ist ein Sonderzug der mitteleuropäischen Geschichte, in der die Rolle des Soldaten eine durchaus besondere war. So wie es heute „Bürger in Uniform“ gibt, war einst die Rolle des Offiziers die höchste bürgerliche Ehre, sozusagen ein Status, der den Bürger den Adligen gleich stellt. Gerade mit den modernen Massenarmeen war die Armee ein Instrument der sozialen Durchlässigkeit und der Aufstiegsmöglichkeiten.

Kriege gegen die ganze Welt haben in Deutschland ein bisschen Tradition, der Erste Weltkrieg wird im ZEITGeschichte-Heft ebenso kompakt behandelt …

… wie auch der Zweite Weltkrieg. Die Themen stellen auch Gewalt und Terror und Widerstand dar.

Hübsche Bilder von der NVA. Zum Anschauen vielleicht die bessere deutsche Armee, ihre Paradeuniformen erinnern irgendwie an Hugo Boss. Und obwohl kommunistisch, war die deutsche Tradition scheinbar wesentlich ungebrochener.

Das Heft beschließt eine sehr spannende Diskussion zwischen den Historikern Sönke Neitzel (Institut für Militärgeschichte/Uni Potsdam) und Hannes Heer (Wehrmachtsausstellung). Auf unserer Facebookseite fügen wir die Diskussion als „Lesestoff“ hinzu.

Geschichte ist immer auch etwas skurril. Die „German Hair Force“ hatte nach 1968 die Lufthoheit. Inzwischen trägt man die Haar wieder kürzer. Und statt Weltkrieg, kriegt die die ganze Welt in Deutschland ein zu Hause, während Deutschland darüber nachdenken muss, was ein professionelles Militär in seiner Gesellschaft und im Bündnis mit Europa und der NATO leisten muss können.

FAZIT: Ein kompakter Überblick zur deutschen Militärgeschichte, spannend und mit Gewinn zu lesen.

ZEITGeschichte, „Die Deutschen und ihre Soldaten – Geschichte einer schwierigen Beziehung“, ZEIT Verlag, 2018, aktuell am Kiosk erhältlich, Euro 6,90

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