Das Marines Corps ist „not amused“. Warum sieht man in den letzten Terrorvideos Kämpfer des Islamischen Staates in Uniformen mit dem Wüstentarnmuster der Marines? Das Thema ist so heiß, dass die Marine Corps Times sich mit der Ausrüstung der Kämpfer des Islamischen Staates – in der arabischen Welt verächtlich „Daesch“ genannt – auseinandersetzt.  Offensichtlicherweise versucht Daesch in seiner Propaganda Truppen zu zeigen, die einheitlich und gut ausgerüstet und schön anzuschauen sind. Dazu gehören auch die Kampfanzügen in Desert MARPAT. Das „Marine Pattern“ in der Wüstenausführung ist oben im Bild zu erkennen. Die Marine Corps Time tippt auf Fabrikate aus Pakistan, sozusagen Raubkopien von ihrem Muster, die für die IS Kämpfer angeschafft wurden.

Diese Aufnahme stammt aus dem selben Propagandavideo und zeigt den jordanischen Piloten Muas al-Kasasba vor seiner Ermordung. Im Hintergrund die Staffage von Daesch. Sie tragen einen Kampfanzug im Schnitt einer Shalwar Kamiz, also von klassischer Kleidung, weite Hose und langes Hemd. Interessant ist, dass die Verwendung von Desert MARPAT relativ neu ist. Ebenso wie die Verwendung einer Rüstung, die ein Nachbau der russischen Smersh Tragegestelle zu sein scheint. Die AKs sind chinesisch …

Aus einem anderen Daesch-Video: Hier erkennt man deutlich, dass es sich um russisches Gear über der digitalen Wüstentarnung handelt. Es ist eine spannende Frage, ob dieser Rückgriff auf Ostausrüstung auf Tschetschenen und andere kaukasischen Kämpfer zurückzuführen ist, die sich Daesch angeschlossen haben. Oder ob die Einkäufer für den IS einfach auch aus dem Osten beschaffen. Interessant ist ebenfalls die Frage, was die schwarzen Flecken auf den Oberarmen sind. Sie sind bei allen Daeschkämpfer der vorherigen und auch am Bild unten zu sehen: wenn es sich um Infrarot reflektierende IR Tabs handelt, würde das bedeuten, dass diese Einheit sich auch auf den Nachtkampf unter Einsatz von Nachtsichtgeräten vorbereitet. Die Dimension der Tabs scheint sich  nicht wesentlich von jenen zu unterscheiden, wie man sie auf USMC FROG Uniformen findet.

Die Aufnahme aus dem selben Video, das den Massenmord an syrischen Soldaten zeigt, ist auch deswegen ungewöhnlich, weil die Täter ihre Masken nur als Mützen tragen. Nur der vorher gezeigte Mord am Amerikaner Peter Kassig wird von einem schwarz gekleideten und maskierten Mann durchgeführt. Man beachte die einheitlichen IR Tabs. Diese Smersh in Olive könnten russische Originale sein.

Auch russische Ausrüstung scheint eng mit Kämpfern aus der ehemaligen Sowjetunion verbunden zu sein – der Erwachsene trägt eine Gorka, eine Uniform russischer Spetsnaz. In einem vorher veröffentlichen Video ist dieser zehnjährige junge Mann zu sehen, der erklärt, dass es sein Ziel sei Mudschahid zu werden und Kufar/Ungläubige zu töten. Hier ist zu sehen ist wie er zwei angebliche „russische Spione“ mit Kopfschuss tötet. Er ist Kasache und scheint zu einer Kindergruppe zu gehören, deren Angehörige alle aus dem Kaukasus oder ehem. Russland stammen. Man sieht sie arabisch lernen. Der 10jährige zeigt, dass er eine AKM zerlegen und zusammenbauen kann.  Und das schneller als mancher Erwachsene.

Die besondere Rolle, die Tschetschenen spielen – HIER ein Artikel dazu – spiegelt sich auch darin wieder, dass sie wie Abu Omar al-Schischani (li.) auch in der Führung der IS zu finden sind. Die Verwendung amerikanischer Tarnmuster ist dabei übrigens nichts Außergewöhnliches. Der Amerikaner in der Mitte trägt das nichtsnutzige Universal Camo Pattern (UCP) der US Army. Die Herren rechts und links sind entweder aus Beutebeständen ausgestattet, aber man sieht auch Shalwar Kamiz in UCP, die aus lokaler Produktion stammen müssen. Der zweite Teil der militärischen Elite des IS besteht aus irakischen Sunniten, die von den Amerikanern ausgebildet wurden.

Es geht aber auch ganz modern: hier ein Bild aus aus einem Ausbildungslager von Daesch. Der Ausbilder trägt interessanterweise das oben auch gezeigte Desert MARPAT. Die Rekruten sind einem lokalen Derivat von Multicam gekleidet. Es handelt sich um relativ wenige, was darauf hinweisen könnte, dass es sich um ausgewählte Kämpfer handelt. Das würde bedeuten, dass der IS bei seinen Truppen differenziert und dass wir hier soetwas wie „Daesch SOF“ vor uns haben. Interessant ist auch, dass die Gebäude im Hintergrund mit Bildbearbeitung verwischt wurden. Daesch denkt mit und erwartet, dass Aufgrund der Gebäude der Standort des Trainingscamps eruiert werden könnte. Was auch schon passiert ist …

Es geht auch mit mehr Masse: Trainingslager für eher reguläre Truppen. Gelehrt wird gerade wie man einen Verwundeten mit einem Tuch als Hilfe unter Feuer bergen kann. Die Uniform ist einheitlich. Das soll einerseits sicher das Gefühl der „Staatlichkeit“ födern und die Truppe „regulär“ erscheinen lassen. Andererseits gibt die einheitliche Uniformierung der Gruppe auch mehr Legitimität in der Gewalt und Anonymität beim Mitmachen. Das Zelt im Hintergrund trägt übrigens (auf einem anderen Bild gut zu sehen) den Aufdruck U.S. – ist also Beuteausrüstung.

Lokal verarbeitet als Raubkopie wird wohl auch das Vorgängermuster, das klassische US Three Colour Desert. Die Aufnahme dürfte etwas über ein Jahr alt sein, die Daeschmänner sind relativ einheitlich ausgestattet. Dazu gehört auch eine Rüstung, die an einen Nachbau eine CIRAS Maritime erinnert, die man sehr häufig bei Daesch sieht. Von der Qualität her wirkt sie wie ein pakistanischer oder China Klon. Getragen wird sie ohne SAPI Platten. Wer viele Kämpfer hat, braucht auch Ausrüstung, die muss von irgendwo her kommen. DCUs in 3 Col Desert haben die IS wohl auch bei der Eroberung von Mosul erbeutet, als ihnen die Ausrüstung von annähernd zwei Divisionen der irakischen Armee in die Hände gefallen ist, inklusive schwerem Gerät, das inzwischen einzeln versteckt ist, weil die Amerikaner es ihnen wegbomben wollen. Besonders spannend an der Beute:  angeblich waren da auch mehr als 10.000 Nachtsichtgeräte (hauptsächlich PVS-7) dabei …

Diese Daesch-Kämpfer tragen M65 Jacken in amerikanischem Woodland. Winter braucht halt doch mehr Ausrüstung. Diese wird teilweise auch aus Europa beschafft. Nicht nur die Krise in der Ukraine, sondern auch der Syrienkonflikt lässt Einkäufer auftauchen, die Schuhe, Jacken und alles Sonstiges beschaffen wollen, um Kriegsparteien auszustatten. Hier zum Beispiel der Bericht von einem unauffälligen Studenten, der aufgefallen ist, weil er Ausrüstung – wohl für den Islamischen Staat – beschaffen wollte.

In der Zeit der Ausweitung von ISIS vor einem Jahr hat man die Daeschkämpfer oft in schwarz gekleidet gesehen. Sehr plakativ, passt auch gut zur Fahne des IS, verbreitet Schrecken, ist aber auch eine Farbe mit der man sich am Gefechtsfeld sehr schlecht verbergen kann. Auch hier sieht man einige verschiedene Chestrigs im Einsatz.

Der Berliner Ex-Rapper und ISIS-Mann Dennis Cuspert (2.v.l.) bei seinen neuen Freunden. Im Zweifelsfall geht es aber auch ganz irregulär. Kalaschnikow und Magazinträger reichen zum Kämpfen. Oder wie die Einschätzung von vor Ort klingt: „ISIS ist keine klar definierbare Terror-Organisation nach westlichen Vorstellungen, sondern eine sich ständig verändernde Ansammlung von temporären Kampfverbände mit stark unterschiedlicher Kampfkraft. Diese Einheiten kooperieren zwar oberflächlich miteinander zanken sich aber auch regelmäßig – wie Straßenköter – um eine Beute.“ Gerade angesichts der Vielfältigkeit der IS Truppen sind die gutangezogenen Kamerasoldaten in einheitlicher Ausrüstung keineswegs die Norm, sondern eine Illusion, die militärische Elite symbolisieren sollen. (Unten: Vielfalt am Pick-Up aus der Zeit des Vormarsches 2014. Die einheitlichen ISIS Kolonnen sind übrigens von den Straßen verschwunden, weil sie bevorzugte Ziele der US Luftwaffe sind.)