STEAMBOW macht Repetierarmbrüste mit Bolzenmagazinen. Klingt jetzt wie etwas aus einem Rollenspiel oder Vampierjägerfilm, ist aber real und funktioniert erstaunlich gut. Wir haben ein Interview Gerald Missbach, dem CEO von STEAMBOW geführt.
SPARTANAT: Was ist die langfristige Vision und Mission von STEAMBOW?
Gerald Missbach: Wir sind seit jeher bemüht, ein gut durchdachtes Produkt zu liefern, das für professionelle Zwecke geeignet ist. Die Anwendung, sei es nun Jagd, Sport, Freizeit oder Verteidigung, hängt sozusagen vom Endnutzer ab. Aber im Grunde genommen sind alle STEAMBOW-Produkte so beschaffen, dass sie hinsichtlich Design und Verarbeitungsqualität professionellen Ansprüchen gerecht werden und diese Anforderungen stets erfüllen.
Unsere Produkte sind plattformbasiert, sodass der Besitzer seine STEAMBOW-Armbrust problemlos an seine Bedürfnisse anpassen kann. Das Ausgangsprodukt ist eine Armbrust wie die [AR-6 Stinger II] Tactical oder Compact: Welches Produkt letztlich aus dieser Armbrust wird, bestimmt der Benutzer, nicht wir. Sie entscheiden, wie Ihr endgültiges STEAMBOW-Produkt aussieht und was es kann. Das bedeutet auch, dass ein STEAMBOW-Produkt jederzeit in seine ursprüngliche Version zurückversetzt oder in ein anderes Produkt umgewandelt werden kann. Den Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt.
Das spiegelt sich auch in unserem Garantiekonzept wider. Hinter dem Produkt steckt ein ganzer Lebenszyklus, der von den Verbrauchern kaum wahrgenommen wird: Wir sprechen hier von Produktion, Verpackung usw. Es ist uns ein Anliegen, den gesamten Prozess so nachhaltig und ethisch einwandfrei wie möglich zu gestalten. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel ist die Abschaffung von Styropor. Dieses Material ist kaum recycelbar. Wenn es dem Kreislauf überhaupt wieder zugeführt werden kann, muss es separat gesammelt werden. Es verwundert kaum, dass die meisten Menschen nicht bereit sind, zu ihrem örtlichen Recyclingzentrum zu fahren, um 50 Gramm Schaumstoff von der Verpackung der Tactical zu entsorgen.
Die Umstellung auf neuere Verpackungsmethoden ist für den Spätsommer dieses Jahres geplant. Wir setzen auch verstärkt auf die lokale Beschaffung von Materialien, um Transportwege zu vermeiden.
SPARTANAT: Erzähl bitte unseren Lesern etwas über die Geschichte des Unternehmens.
Was hat zur Gründung inspiriert und was waren die wichtigsten Meilensteine oder Erfolge auf dem Weg?
Gerald: Schwer zu sagen, was am Anfang stand: die Ambition oder das Produkt. Irgendwie hat sich beides gemeinsam entwickelt. Die Ambition bestand darin, die unserer Meinung nach dringend benötigte Innovation und ein neues Denken in das Bogenschießen zu bringen.
Die Branche war lange Zeit (und ist es offen gesagt immer noch) sehr traditionell, und die gängigen Armbrüste waren immer nur Variationen ziemlich ähnlicher Themen. Das Produkt, das wir auswählten, um mit dieser Tradition zu brechen, war die PowerUnit, ein Schnellspannsystem , das die Leistung der bewährten Excalibur-Jagdarmbrust mit der Technologie des PCP-Luftgewehrs kombinierte. Das Ergebnis verband alle Vorteile einer Armbrust mit dem Komfort und der Kraft von Druckluft.
Die Armbrust schoss den Pfeil ab, aber die Druckluft spannte die Armbrust. Das Produkt selbst funktionierte toll und wurde von Kunden, die es ausprobierten, gut angenommen. Aufgrund seiner komplexen Konstruktion war es aber ziemlich teuer. Leider kam auch unsere geplante Zusammenarbeit mit Excalibur Crossbows (dem für die PowerUnit ausgewählten Chassis) nicht zustande, sodass klar war, dass wir uns weiterentwickeln mussten.
Da uns damals das Fertigungs-Know-how fehlte, um eine hochmoderne, leistungsstarke Jagdarmbrust zu bauen, machten wir uns daran, etwas Neues zu entwickeln: die erste moderne Repetierarmbrust. Noch ein paar Verbesserungen, und die „Stinger“ war geboren. Das Endergebnis war die heutige AR-6 Stinger II Produktfamilie. Als nächstes machten wir uns an die Entwicklung unserer eigenen Wurfarme aus Kohlefaser-Glas und erzielten eine Leistungsstärke, die es im Bereich der Pistolenarmbrust noch nicht gab. Darauf sind wir sehr stolz.
Fehlendes Know-how war bei der Herstellung von Wurfarmen kein Problem mehr: Heute wissen wir sehr gut, wie man Armbrüste eigenständig herstellt, und in der Zukunft werden wir uns an neue Produkte wagen.
Gleich welchen Weg wir einschlagen, unsere Leitprinzipien werden immer dieselben sein: Qualitätsprodukte, die sicher und einfach zu bedienen sind, für den praktischen Gebrauch herzustellen. Spezifikationen oder Leistung sind für uns kein Selbstzweck – sie allen in den Vordergrund zu stellen, schadet unserer Meinung nach letztendlich der Branche. Unsere Produkte sollen den Menschen helfen, eine Aufgabe zu erfüllen. Wenn diese Aufgabe die Jagd ist, müssen die Armbrüste bestimmte Leistungsmerkmale haben. Wenn es um eine Freizeitbeschäftigung geht, sind wieder andere Funktionen gefragt, und wir wollen, dass auch diese verfügbar sind.
SPARTANAT: Was ist deiner Meinung nach die größte Schwachstelle der Bogenschießbranche und wie geht STEAMBOW mit ihr um?
Gerald: Meiner Meinung nach gibt es zwei Schwachstellen. Diese beruhen vor allem auf einer kulturellen Einstellung. Die erste ist bedauerlicherweise eine tief verwurzelte Skepsis gegenüber Innovation. Damit meine ich wirklich neue Herangehensweisen. Die Menschen lieben Verbesserungen beim Bogenschießen, aber keine Innovationen.
Es gibt viele kleine Unternehmen mit umwerfenden Ideen, aber sie werden belächelt, weil sie die Frage: „Was wäre, wenn…?“ zu stellen wagen. Man könnte sagen, die Ablehnung von Neuem liegt in der menschlichen Natur: Das Automobil wurde zunächst belächelt – aber wo sind die Pferdefuhrwerke geblieben? In der Schusswaffenindustrie ist diese Innovationsschwäche nicht zu beobachten, was ich interessant finde.
Zufällig erwies sich das für uns Segen, denn es veranlasste uns dazu, in anderen Märkten und Branchen Ausschau nach Kunden für unsere innovativen Repetierarmbrüste zu halten. Auf diese Weise schufen wir einen florierenden neuen Sektor: Er hat mehr mit Waffen zu tun als mit dem traditionellen Bogenschießen und lässt den traditionellen Bogenschießmarkt außen vor.
Das führt uns zu der zweiten Schwachstelle, nämlich dazu, dass die Verbraucher und die gesamte Branche bestreiten, dass Bogenschützen echte Waffen benutzen. Dass Bögen Waffen sind, ist aber eine unleugbare Tatsache. Man denke nur daran, woher Bögen historisch gesehen kommen und was sie bei der Jagd bewirken können. Dennoch weigern sich viele anzuerkennen, dass der Olympische Recurvebogen beim Bogenschießen eine echte Waffe ist. Das gilt insbesondere für Europa.
Das Problem besteht darin, dass Unfälle passieren, denn man seinen Bogen nicht als Waffe betrachtet. Außerdem erlaubt man dadurch anderen, die das Bogenschießen nicht unterstützen, den Bogen als Waffe zu definieren. Wir können uns also nicht den Luxus erlauben, zu sagen: „Wir haben das Bogenschießen seit jeher als gefährliche Sportart betrachtet und entsprechend gehandelt.“ Denn dass das nicht der Fall war, wird jedem klar sein.
Außerdem werden Armbrustschützen vom Schießen in Vereinen ausgeschlossen, weil sie angeblich „Waffen“ tragen, während Vertikalschützen „Sportartikel“ verwenden. Der springende Punkt ist, dass es ein Compoundbogen in Bezug auf Geschwindigkeit und Bewegungsenergie mit einer Armbrust aufnehmen kann – er ist leichter zu tragen und schneller zu schießen. Trotzdem gelten Armbrüste als „böse und gefährliche“ Waffen. Warum? Nun, weil sie einen Abzug haben, das ist alles.
Kurz gesagt: Es ist an der Zeit, dass die Bogensportbranche sich selbst ernster nimmt und sich für ihre Sache einsetzt. Und denken Sie daran, dass eine gespaltene Gemeinschaft durchsetzungsschwach ist, wenn es um die Gesetzgebung geht. Das gilt sowohl für die Benutzer als auch für die Branche.
SPARTANAT: Wie fördert STEAMBOW Innovation und behält in der Branche die Nase vorn?
Worauf konzentrieren sich die Forschung und Entwicklung?
Gerald: Mit dem Erfolg der Stinger und der Stinger II könnte man sagen, dass „unsere Branche“ jetzt die der Repetierarmbrüste ist, und diese Branche ist in den letzten Jahren geradezu explodiert. Jeden Tag sieht oder liest man von irgendwelchen neuen Ideen, egal ob von unserer Konkurrenz oder von Enthusiasten in ihrer Werkstatt. Der 3D-Druck wird die Möglichkeiten noch um ein Vielfaches erweitern. In gewisser Weise besteht die Gefahr, dass das Ganze zu einem richtungslosen Wettrüsten wird, ähnlich wie bei den Zuggewichten oder den Geschwindigkeiten im Bereich der großen Armbrüste.
Deshalb lassen wir uns von diesen Dingen nicht ablenken und konzentrieren uns stattdessen auf die Anwendungen. Welche Probleme können wir für die Menschen lösen? Welche Prozesse können wir reibungsloser, sicherer, einfacher oder effizienter gestalten? Wo kann ein Produkt eingesetzt werden und inwieweit kann es einen Mehrwert bringen? Wir wollen reale, praxistaugliche Leistung, keine Spielereien.
Für uns bedeutet das, dass wir es Stinger-II-Besitzern ermöglichen, ihr Gerät für Unterhaltungszwecke zu nutzen, wenn sie das wollen. Sie können sie aber auch für den echten Jagdgebrauch anpassen (wenn sie in einem Land leben, wo das erlaubt ist).
Wir wollen die Stinger II auch zu einem echten Sportgerät entwickeln. Das Schießen im Hinterhof macht Spaß, aber was ist, wenn man wirklich wissen will, wie gut man ist – wie präzise, wie schnell? In diesem Fall sollte die Stinger II ihren Benutzer befähigen. Die Einschränkungen sollten auf die eigenen Fähigkeiten und nicht auf die Plattform zurückzuführen sein.
Auch die Survival ist ein gutes Beispiel. Dank dem Schnellwechselsystem und dem neuen Klappschaft-Adapter lässt sie sich in weniger als einer Minute im Rucksack verstauen. Sollte man einmal wirklich auf sich allein gestellt sein, möchte man ein Gerät haben, das man leicht zusammenbauen kann, gleich ob die Finger klamm sind oder nicht. Man möchte in der Lage sein, Kleinwild zu erlegen, um zu überleben, bis man aus der Ausnahmesituation herauskommt, in der man sich befindet. In solchen Situationen geht es nicht darum, jemanden zu beeindrucken, darum, dass man etwas hat, das funktioniert, egal wann und wo. Hier kommen die Details des gewählten Materials, die Ergonomie usw. ins Spiel.
Und schließlich, um bei der eingangs erwähnten Ehrlichkeit zu bleiben: Wir müssen anerkennen, dass manche Leute eine Stinger II zu Verteidigungszwecken kaufen. Für sie wollen wir eine verlässliche Armbrust produzieren, die es ihnen im Fall einer Bedrohung ermöglicht, ihre Rechte und ihr Wohlergehen zu verteidigen: Wenn ich als Einbrecher eine Stinger II in den Händen des Hausbesitzers sähe, würde ich schnellstens das Weite suchen. Machen wir uns nichts vor: Der Einbrecher nimmt die Aufforderung, das Haus zu verlassen, mit Sicherheit ernster, wenn der Hauseigentümer etwas Bedrohliches in der Hand hält.
SPARTANAT: Was sind die Zukunftspläne und strategischen Prioritäten von STEAMBOW?
Wie wird sich STEAMBOW nach weiterentwickeln, um auf dem Markt relevant zu bleiben?
Gerald: Wir wollen einfach daran festhalten, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen, und zwar auf eine sichere, zuverlässige und innovative Weise. Bessere Lösungen für tatsächliche Bedürfnisse zu bieten. Wir wollen uns auch weiterhin nicht in einen sinnlosen Spezifizierungswettlauf hineinziehen lassen, weil wir das Gefühl haben, dass der nur dazu führt, dass der Kunde für etwas bezahlen muss, das er eigentlich nicht braucht. Und wenn das passiert, verlieren alle.
Wenn jemand sagt: „Ich möchte meine Armbrust leistungsfähiger machen, damit ich größere Wildtiere jagen kann“, können wir uns die Geschwindigkeit, das Design der Pfeile usw. ansehen. Wenn jemand sagt: „Ich möchte mit meiner Stinger II zu Sportzwecken und nicht nur zum Zeitvertreib schießen“, dann können wir nach Wegen suchen, das möglich zu machen. Für einen Kunden, der sagt: „Ich will eine 200-Pfund-Armbrust, weil die meines Kumpels 185 Pfund hat“, ist STEAMBOW vielleicht nicht der richtige Hersteller.
Machen wir uns nichts vor: Mit unserer PowerUnit und unserem Kohlefaser-/Glasfaserverbundwerkstoff könnten wir eine Armbrust mit einem noch nie dagewesenen Zuggewicht anbieten, die alles übertrifft, was derzeit am Markt erhältlich ist. Aber wäre das wirklich ein langfristiger Vorteil für das Bogenschießen? Wahrscheinlich nicht. Wir würden nichts weiter als Prahlrechte und rote Fahnen verkaufen.
Wer das ignoriert, macht sich zum Feind und nicht zum Wohltäter der Bogenschützen, denn genau diese Denkweise ruft den Gesetzgeber auf den Plan. Und wir können uns sicher sein, dass er nicht unparteiisch an die Sache herangehen wird. Warum also Zeit und Geld verschwenden? Das Gesetz wird ein direktes Verbot sein, es sei denn, wir liefern einen guten Grund, es nicht zu erlassen. Wir wollen ein Teil dieses guten Grundes sein. Wir wollen dazu beitragen, es überhaupt nicht so weit kommen zu lassen. Wir wollen unsere Branche unterstützen und nicht gefährden.
SPARTANAT: Ein Blick in die Kristallkugel: Hast du Bedenken oder Sorgen, was die Zukunft des Bogensports angeht? Wie denkst du, dass sich der Sport weiterentwickeln wird?
Gerald: Ich sehe tatsächlich eine sehr rosige Zukunft für das Bogenschießen. Nicht nur, dass sich Outdoor-Sportarten im Allgemeinen steigender Beliebtheit erfreuen, ist Bogenschießen auch eine einzigartige Kombination aus körperlicher Betätigung und dem Streben nach der „inneren Ruhe“, die man für Treffsicherheit braucht. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass die Menschen das Armbrustschießen weiterhin als attraktives neues Hobby oder als eine neue Sportart sehen, in der sie sich auszeichnen können.
Was ich vermisse, ist ein Wettkampfsport für die neuen Repetierarmbrüste. Also im Großen und Ganzen Bogenschießen, aber eher in Richtung Sportschießen. Nur ohne die Risiken, den bürokratischen Aufwand und die Umweltauswirkungen von Schusswaffen.
Es wäre auf jeden Fall hilfreich, wenn wir uns als Branche klug präsentieren, und ich denke, das wird größtenteils auch passieren. Meiner Meinung nach sollten alle Hersteller zumindest das gemeinsame Ziel vertreten, das Bogenschießen in all seinen Formen zu fördern, und zwar unter dem Aspekt der verantwortungsvollen Eigentümerschaft und diesen Dingen. Im Wesentlichen sollten wir uns den Grundsatz „Nur weil wir es können, heißt das nicht, dass wir es auch tun sollten“ zueigen machen.
Dies würde eine gesunde, wettbewerbsfähige und vor allem langfristig nachhaltige Industrie ermöglichen. Aber wir sollten nicht zu lange damit warten, diesen Grundsatz zu vertreten, egal ob offen oder stillschweigend. Man denke nur, jemand stellt etwas wirklich Dummes mit einer dieser 500-FPS-Armbrüste an – den Rest kann man sich denken.
SPARTANAT: Was sind die Zukunftspläne von STEAMBOW?
Gerald: Der wichtigste Plan ist meiner Meinung nach die Einführung unseres M10 Tactical mit abnehmbarem Magazin für die AR-Serie. Das ist deshalb so wichtig, weil es wahrscheinlich der größte Schritt nach vorne sein wird, um die Plattform der AR-Serie wettkampftauglich zu machen. Mit der AR-6 Tactical könnte man schon jetzt Wettkämpfe bestreiten, aber das Nachladen dauert zu lang. Wir hoffen, dass sich das mit den schnellen [Magazin-]Änderungen verbessern wird und dass dadurch längere Wettkampfphasen realistisch werden.
SPARTANAT: Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen hast, und alles Gute für die Zukunft von STEAMBOW.
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