Abstrus ländliche Gegend. Netter Bub. Und er hat ja nichts getan … aber dann waren drei Taylor Swift Konzerte abgesagt und viele Mädchen haben geweint und alle waren entsetzt. Und irgendwie ist es wie immer, wenn Attentate verhindert werden: es ist ja nichts passiert. Die Vorstellung des möglichen Schreckens ist ganz schnell nicht mehr da.

Dass in Wien nichts passiert ist, hat allerdings etwas mit der Arbeit von Geheimdiensten zu tun, die in den entsprechenden Kanälen unterwegs sind und mitverfolgen, wenn sich wer so radikalisiert. „Nichts getan“, so lautet jetzt die Strategie der Verteidigung. Am Tisch liegen und dagegen sprechen vermutlich ein fertiges Bekennervideo nachdem ein Gefolgschaftseid auf den Islamischen Staat abgelegt wurde, Porträtbilder mit Waffen, wie sie Attentäter des IS der Nachwelt hinterlassen. Und ja, mit dem szenetypischen Sprengstoff TATP („Die Schwiegermutter des Teufels“) hat der Bub gespielt. Aber „er wollte ja nur im Wald was sprengen“. Wer es glauben mag … 

Wer sich dagegen für die trügerische Ruhe um uns herum interessiert, der hätte auch vor den Wiener Taylor Swift Konzerten das gleichnamige Buch von Politikwissenschaftler Nicolas Stockhammer – er leitet den Research-Cluster „Counter-Terrorism, CVE und Intelligence“ an der Donau-Uni Krems – lesen können. Er wäre vermutlich genau auf so ein Profil gestoßen, wie wir es aktuell gesehen haben: Stark radikalisiert im Internet, vielfach auch über TikTok, nein, keineswegs ein „Lone Wolf“, aber jemand, der sich blitzschnell von Freunden und den radikalsten Ideen einer Religion anleiten lässt, etwas zu tun, das Spuren hinterlässt, „etwas Großes“, wie der Terroristen-Bub von Ternitz angekündigt hatte.

Damit gleicht er dem ersten Attentäter von Wien, der im Jahr 2020 in der Innenstadt erschossen wurde. Und es zeigt sich: Nur weil etwas (für die Öffentlichkeit) leise ist, ist es nicht weg. Und so ist das Buch nicht nur die Geschichte eines vergangenen Attentats (das durch schwerste Fehler einer Behörde möglich wurde), einer Mobilisierung, die viele nicht mehr sehen wollen, sondern erzählt auch von Prävention und Polizeiarbeit, modernen Medien und eben Gefahren, die höchstaktuell bleiben. SPARTANAT Leseempfehlung.

„Trügerische Ruhe. Der Anschlag von Wien und die terroristische Bedrohung in Europa“ von Nicolas Stockhammer, Amalthea Verlag, Wien 2023, 287 Seiten, Euro 28,–

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