Emile Ghessen ist ein ehemaliger britischer Marine, der als Journalist aus Krisengebieten berichtet. Aktuell ist er in Kiew. Wir wollten wissen, was er gesehen und erlebt hat.

Emile in Kiew

SPARTANAT: Emile, Du bist jetzt als Journalist vor Ort in der Ukraine. Was ist Dein erster Eindruck?

Emile Ghessen: Ich habe im Militär gedient und in Afghanistan und im Irak gekämpft und seit meinem Ausscheiden viele Kriege dokumentiert, darunter Syrien, Irak, Ukraine und Nogoro Karabach. Der derzeitige Krieg in der Ukraine im Jahr 2022 ist jedoch völlig anders, denn es handelt sich um einen groß angelegten Krieg, der an mehreren Fronten von einer „Supermacht“ Russland gegen einen gut ausgebildeten, entschlossenen Feind, die Ukraine, geführt wird. Die Russen scheinen immer noch in einem halbsowjetischen Stil zu kämpfen, mit schweren indirekten Artilleriefeuer und großen Panzerkolonnen.

Checkpoint der Ukrainer vor Kiew

SPARTANAT: Du hast Freiwillige gesehen, die in der ukrainischen Fremdenlegion kämpfen wollen. Was denkst Du über die Freiwilligenbewegung aus dem Westen?

Ich habe zwei frühere Dokumentarfilme über internationale Freiwillige in der Serie „Robin Hood Complex“ abgedeckt, die jetzt auf YouTube zu sehen ist. Schätzungsweise 20.000 internationale Freiwillige sind aus 52 verschiedenen Ländern in die Ukraine gekommen. Wie ich bereits im Irak und in Syrien beobachten konnte, haben diese Freiwilligen viele unterschiedliche Gründe, zu den Waffen zu greifen. Es gibt die Männer, die eine enge Verbindung zur Ukraine haben, sei es durch ihre Herkunft oder durch Freunde, und es jene, die keine Verbindung haben, die aber diesen Krieg als eine Gelegenheit sehen, zu zur Waffe zu greifen. Die überwiegende Mehrheit hat keine militärische Erfahrung und kein Gefecht gesehen, hat aber das Bedürfnis, der Ukraine beizustehen. Ich habe mehrere Männer kennen gelernt, die über militärische Erfahrung verfügen und jetzt ukrainische Freiwilligeneinheiten ausbilden. Die Freiwilligeneinheiten sind also sehr vielfältig, mit Männern, die unterschiedliche Meinungen vertreten.

Ukrainer mit Javelins.

SPARTANAT: Hattest Du Kontakt mit russischen Streitkräften? Wie ist Dein Eindruck von deren Leistung?

Ich selbst hatte keine Verbindungen zu den russischen Streitkräften. Ich konzentriere mich auf die Region Kiew und habe mit mehreren Zivilisten gesprochen, die bei Angriffen der russischen Truppen auf ihre Städte und Dörfer in der Falle saßen. Die Zivilisten haben mich unter anderem darauf hingewiesen, dass die russischen Truppen nur über geringe Lebensmittelrationen verfügen und daher von Haus zu Haus gehen, um Lebensmittel zu beschaffen, weil ihre logistische Versorgungskette so schlecht ist. Viele Zivilisten meinen, dass sich die Truppen bei den Einwohnern entschuldigen und sagen, sie wollten diesen Krieg nicht führen, seien aber dazu gezwungen.

Emile an der Front

SPARTANAT: Was sind Deine Pläne? Wird die Ukraine Dein nächster Dokumentarfilm sein?

Meine Pläne sehen derzeit vor, in Kiew zu bleiben und von hier aus über den Krieg zu berichten und abzuwarten, ob die russischen Streitkräfte versuchen, in die Stadt einzudringen. Im Moment berichte ich nur über den Krieg, da ich erst vor kurzem meinen letzten Dokumentarfilm „45 Days: Der Kampf um eine Nation“ abgeschlossen habe.

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