Darf man das schreiben? „Das deutsche Heer war eine vorzügliche Kampforganisation. Im Hinblick auf Moral, Elan, Truppenzusammenhalt und Elastizität war ihm wahrscheinlich unter den Armeen des zwanzigsten Jahrhunderts keine ebenbürtig.“ Klingt skandalös, wenn es vom Stammtisch wäre. Kommt aber von einem der weltweit führenden Militärhistoriker. Martin van Creveld lehrt an der Hebrew University in Jerusalem. Das Buch mit dem einfachen deutschen Wort „Kampfkraft“ als Titel ist auch keine Neuerscheinung, sondern nur eine erfreuliche Neuauflage, denn es war lange vergriffen.

Creveld hat es in den 1980er Jahren geschrieben, als eine Studie für das Pentagon, das erfahren wollte, was eine Armee erfolgreich macht. Und so vergleicht der Autor die Strukturen der US Army und der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Das kann man als handwerklich, militärisches Buch lesen, es ist aber auch eine sehr spannende Kulturgeschichte aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Sozialer Stellenwert des Militärs, Eigenheiten im Nationalcharakter, dann aber vor allem soziale Durchlässigkeit der Strukturen, Belohnung und Bestrafung, Werte und Zusammenhalt, Indoktrination und Führungsprinzipien, das alles untersucht Creveld im Vergleich, mit manchmal erstaunlichen Ergebnissen. Dass zum Beispiel die deutsche Auftragstaktik dem einzelnen Mann wesentlich mehr Entscheidungsfreiheit gibt als die autoritärer geführte US Armee dieser Zeit. Dass die regionale Rekrutierung zu wesentlich stabileren Einheiten führt als bei der zufälligen Zusammenstellung der Amerikaner. Dazu kommen dann auch noch Strukturvergleiche von Unteroffizierskorps und Offizieren bis hin zum Generalstabssystem.

Martin van CreveldDas Ergebnis der Studie hat zu Adaptionen in der modernen US Armee geführt. Und auch heute noch ist dieses Buch ein Standardwerk für jeden militärisch interessierten Leser, weil es sich mit der zentralen Frage einer modernen Armee auseinandersetzt: Wie wird diese zu einer effizienten und mächtig einzusetzenden Organisation? Creveld relativiert mit dieser sachlichen und nüchternen Studie nicht die Verbrechen, die von deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg begangen sind. Großer SPARTANAT Lesetipp. Sollte in keiner Bibliothek militärisch interessierter Leser fehlen.

Martin van Creveld auf SPARTANAT: Ein dreißigjähriger Krieg?

Martin van Creveld im Internet: www.martin-van-creveld.com

Kampfkraft: Militärische Organisation und Leistung der deutschen und amerikanischen Armee 1939-1945“ von Martin van Creveld, Ares Verlag, 216 Seiten, Euro 19,90

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