Im Unterschied zu vielen europäischen Ländern hat die Schweiz kein offizielles Armeemuseum. Die ehrenvolle Aufgabe das militärhistorische Erbe der Schweizer Armee für die Nachwelt und die Forschung zu erhalten, haben deshalb bis heute verschiedene Organisationen übernommen. Eine davon ist der Verein Schweizer Armeemuseum (VSAM).

Die Schweizer Armee hat in den letzten Jahrhunderten eine bedeutende und zeitweise auch staatstragende Rolle in der Gesellschaft und im öffentlichen Leben der Schweiz eingenommen. Aufgrund dieses Umstandes mag es den militärhistorisch Interessierten überraschen, dass es bisher noch kein offizielles Museum gibt. Dabei wäre es nicht so, als dass es in der Vergangenheit keine Versuche und Pläne gegeben hätte, eine solche Institution einzurichten. Um die heutige Situation einordnen zu können, ist deshalb ein Blick auf die „Achterbahn“ rund um die Idee eines nationalen Armeemuseum nötig.

VSAM_2Leidvolle Geschichte

Das erste Museum, welches sich der Thematik annahm, wurde kurz nach der Jahrhundertwende im Jahr 1902 in Luzern eröffnet. Der Fokus dieser Institution lag – wie der Name „Internationales Kriegs- und Friedensmuseum“ auch zum Ausdruck brachte – auf anderen Themen. Das Museum wollte die schlimmen Folgen des modernen Krieges aufzeigen, in dem es den Einfluss des technischen Fortschritts in der Kriegskunst auf das Leiden der Bevölkerung thematisierte. Bis vor dem Ersten Weltkrieg war das Museum ein Erfolg. Jährlich rund 60’000 Besucher – das entspricht der doppelten Anzahl Einwohner der Standortstadt Luzern – fanden den Weg in das Museum. Nach Ende des Ersten Weltkriegs musste das Museum jedoch seine Tore wieder schliessen.

Eine neue Gesellschaft nahm in der Folge die Idee eines nationalen Armeemuseums an einem neuen Ort wieder auf. Das im Jahr 1934 im Schloss Schadau in Thun eröffnete Museum blieb bis zur kriegsbedingten Schliessung die Institution für eine historische Annäherung an die Schweizer Armee.

VSAM_3Noch während des Zweiten Weltkriegs keimte beim damaligen Oberbefehlshaber der Schweizer Armee General Henri Guisan die Idee, ein Museum einzurichten, das an den sogenannten Aktivdienst und die Grenzbesetzung durch die Schweizer Armee zwischen 1939 bis 1945 erinnern sollte. Entsprechende Konzepte und Papiere wurden erarbeitet, aber die Institution wurde schliesslich nicht gegründet. Dennoch hatten diese Arbeiten und Überlegungen einen entscheidenden Einfluss auf die kommenden Jahrzehnte. General Guisan erliess den Befehl, dass von allem Material etwas für die Nachwelt zu erhalten sei. Diesem Befehl ist es letztlich zu verdanken, dass heute viel historisch wertvolles Material überhaupt noch vorhanden ist.

Die Ausstellung auf dem Schloss Schadau öffnete nach dem Krieg 1950 erneut die Tore, musste aber bereits 1961 Thun wieder verlassen, da das Schloss von der Eigentümerstadt für andere Zwecke gebraucht wurde. Das Material wurde in der Folge in einem Zeughaus eingestellt.

Wiederholter Restart

Neuen Schwung erhielt das Armeemuseum als ein Projekt in Murten im Kanton Fribourg lanciert wurde. Die Vorgängerorganisation des heutigen Verein Schweizer Armeemuseum (VSAM) löst sich 1965 auf, da man davon ausging, der Bund würde nun das Projekt eines Armeemuseums weiterführen, welches er in einem Geschäftsbericht aus dem Jahr 1960 als sicher dargestellt hatte. Doch erneut erlitt das Projekt aus verschiedenen Gründen Schiffsbruch.

Im Jahr 1978 wurde ein weiterer Versuch unternommen, in der Bundeshauptstadt Bern ein Armeemuseum zu errichten. Aber auch hier entstand dem Projekt Widerstand und als besseren Standort der Waffenplatz der Mechanisierten Truppen in Thun auserkoren. Zusammen mit der Stadt Thun arbeitete der neue Verein Schweizer Armeemuseum ein weiteres Projekt aus. Diese Arbeiten führten zu einer Eingabe an das eidgenössische Parlament, welches ein Budget von 9,4 Millionen Schweizer Franken bewilligte. Weitere zehn bis 15 Millionen Schweizer Franken sollten durch den vom VSAM eingesetzten Stiftungsrat gesammelt werden.

Mit diesen Geldern sollte ein schuldenfreier Betrieb des Armeemuseums ermöglicht werden. Da jedoch diese Summe nicht erreicht wurde, geriet das Projekt in ernste Gefahr. Nun sollte das Schweizer Verteidigungsministerium das Projekt retten. Nachdem es zunächst gut einlief, scheiterte das Projekt jedoch erneut im Parlament. Die Enttäuschung auf Seite des VSAM war entsprechend gross und so machten sich die Mitglieder daran, wenigstens das Material zu retten. Für diese Arbeit kam dem VSAM wenigstens eine Weisung des Generalstabschefs zur Sicherstellung von historischem Armeematerial zugute. Diese Weisung aus dem Jahr 2000 löste den erwähnten Befehl Guisans ab. Weiter konnte 2001 die Zusammenarbeit zwischen dem Verteidigungsministerium sowie dem VSAM mit einer entsprechenden Leistungsvereinbarung geregelt werden.

Diese Vereinbarung sah im Kern vor, dass das Material im Besitz des Bundes blieb, während der VSAM die Sammlung betreute.

Neue schwarze Wolken tauchten im Frühling 2006 auf, als das Verteidigungsministerium aufgrund der Finanzen und der Reduktion der Armeegrösse die Anzahl der Lagerstandorte drastisch reduzieren wollte. Die Einlagerungsstandorte waren gefährdet.

VSAM_4Der VSAM setzte sich diesen Plänen entgegen und in der Folge konnte eine neue, für alle Seiten passable Lösung gefunden werden. Auf Seiten des VBS wurde Anfang 2009 die Zentralstelle Historisches Armeematerial geschaffen, welche das Management des gesamten historischen Materials des VBS sowie der Vertragspartner für die definierten externen Materialkompetenzzentren übernimmt. Diese externen Materialkompetenzzentren erhielten mittels einer Leistungsvereinbarung die Aufgabe, das zur Verfügung gestellte Material zu erfassen, zu dokumentieren, zu restaurieren, zu konservieren, zu unterhalten und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei sind die Aufgaben unter den drei definierten Zentren wie folgt aufgeteilt:

  • Bereich Flieger- und Flab – Verein Freunde der Schweizer Luftwaffe
  • Bereich Übermittlung – Interessengemeinschaft Übermittlung
  • Der Rest der Armee – Stiftung Historisches Armeematerial

Um dieses Mandat professionell wahrnehmen zu können, gründete der VSAM die erwähnte Stiftung. Das Material bleibt wie geschildert im Besitz des Bundes, während den Stiftungen die Aufwendungen in der Betreuung des Materials entsprechend vergütet werden.

Ziele des VSAM

Der grösste Teil des Materials fällt klar in den Verantwortungsbereich der Stiftung Historisches Armeematerial. Die Stiftung Historisches Material der Schweizer Armee ist die professionelle Organisation zur fachgerechten Betreuung des ihr zugewiesenen historischen Armeematerials.

Die VSAM hat sich verschiedene Ziele zur Aufgabe gemacht hat. Der VSAM

  • will ein Kompetenzzentrum für die Geschichte der Schweizer Armee sein;
  • fördert die Errichtung eines schweizerischen Armeemuseums;
  • will ein Beitrag leisten zur Information und Dokumentation der Schweizer Armee und somit letztlich auch zur Schweizer Geschichte;
  • setzt sich für die Erhaltung und Pflege des historischen Materials der Schweizer Armee ein, welches später einmal die materielle Grundlage eines Armeemuseum bilden soll.

Umfassende Sammlung

Die materielle Hinterlassenschaften der Schweizer Armee aus den letzten beiden Jahrhunderten umfasst gegenwärtig weit über 100’000 Objekte und sie sind bis zur Eröffnung eines eigentlichen Armeemuseums nur auf Anfrage und in geführten Gruppen einsehbar. Der Besuch der Sammlungen der Stiftung HAM an den Standorten Thun, Burgdorf und Bern sowie der jeweilige Zeitbedarf und auch die gewünschten Sammlungsteile können abgesprochen werden.

Folgende Sammlungen sind am Standort Thun besuchbar:

  • Uniformen und persönliche Ausrüstung
  • Historischer Panzerfahrzeuge
  • Artillerie-Geschütze
  • Panzerabwehrsysteme
  • Fliegerabwehrsysteme
  • Lampen und Laternen
  • Optikmaterial

VSAM_5Folgende Sammlungen sind am Standort Burgdorf besuchbar:

  • Rund 600 historische Fahrzeuge (Raupenfahrzeuge, Radfahrzeuge, Fuhrwerke, Aggregate, Anhänger)

Folgende Sammlung ist am Standort Bern besuchbar:

  • Geschirre und Wagen

Auskunft für die Sammlungen in Thun und Bern erteilt

Roland Thommen

roland.thommen@stiftung-ham.ch

Tel. +41 79 786 83 89

Auskunft für die Sammlungen in Burgdorf erteilt

Markus Habegger

markus.habegger@stiftung-ham.ch

Tel. +41 34 429 44 00

Dank dem Engagement und dem vorhandenen Fachwissen konnte der VSAM in der Vergangenheit ein massgeblicher Beitrag zur Erhaltung und zur Pflege des historischen Armeematerials leisten.

Der Stiftung HAM obliegt die Aufgabe, das zahlreiche, dezentrale gelagerte und teilweise ausgestellte Material fachgerecht zu inventarisieren, im Rahmen der Möglichkeiten zu restaurieren und zu konservieren. Ohne dieseTätigkeit würden einzigartige Objekt verloren gehen und der Nachwelt als Zeitzeugen weder für die Ausstellung noch für die Forschung zur Verfügung stehen.

Kaj-Gunnar SIEVERT